Freie Sicht auf freie Sterne
Das Riesenfernrohr der Archenhold-Sternwarte wird von störenden Bäumen freigeschnitten
Das Teleskop der ArchenholdSternwarte im Treptower Park gilt als weltweit größtes bewegliches Linsenfernrohr. Durch zu hohe Bäume war die Sicht versperrt. Diese werden nun beschnitten.
»Ab dem 7. Januar können wir endlich wieder ungehindert in die Sterne gucken«, freut sich Tom Florian Horn, Direktor der Stiftung Planetarium Berlin. Denn pünktlich zum Schulbeginn am kommenden Montag haben sich die Gärtner in der Archenhold-Sternwarte im Treptower Park angekündigt.
Dann soll der Beschnitt der ersten von insgesamt 60 Baumwipfeln beginnen, die bereits seit Längerem die Sicht durch das historische Riesenfernrohr auf dem Dach der Sternwarte versperren. Der astronomische Refraktor mit seiner Brennweite von 21 Metern entstand 1896 auf Initiative des Wissenschaftlers Friedrich Simon Archenhold und gilt bis heute als das längste bewegliche Linsenfernrohr der Welt. Allerdings liegt die 1909 von ihrem Namensgeber gegründete Sternwarte inmitten eines dichten Baumbestands.
In den zurückliegenden Jahren waren viele dieser Bäume derartig in die Höhe geschossen, dass die Sternenforscher keine freie Sicht mehr auf den Nachthimmel erhaschen konnten. »Wissenschaftler und Besucher haben sprichwörtlich nur noch Schwarz gesehen«, sagt Horn. Da die Sternwarte als Bau- und der umliegende Treptower Park als Gartendenkmal gelistet sind, hatte sich eine vertrackte Konkurrenzsituation in der denkmalgerechten Behandlung ergeben, die erst jetzt gelöst werden konnte.
»Nach langem Hickhack ist es möglich, den Baumbestand um die Sternwarte denkmalgerecht so zu beschneiden, dass das Riesenfernrohr wieder zur Sternenbeobachtung und zur Erfüllung seines Bildungsauftrags an der Sternwarte genutzt werden kann«, sagt Stiftungsdirektor Horn. Er bedankt sich bei der LINKEAbgeordneten Katalin Gennburg sowie dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD), die sich beide für die Sternwarte als Wissenschaftsstandort eingesetzt hatten. »Die Archenhold-Sternwarte ist das Juwel der Stiftung Planetarium Berlin«, sagt der studierte Astronom Horn. Neben der Einrichtung im Treptower Park betreut die 2016 ins Leben gerufene Stiftung auch das Zeiss-Großplanetarium in Prenzlauer Berg sowie die Wilhelm-Foerster-Sternwarte am In- Tom Florian Horn, Astronom sulaner in Schöneberg. Aufgabe der Stiftung ist es, die Einrichtungen als Bildungsstätten für das Gebiet der Astronomie fit für die Zukunft zu machen.
Damit das gelingt, sind vor allem Investitionen in die Instandhaltung und die technische Neuausrichtung der Planetarien und Sternwarten nötig. Im aktuellen Doppelhaushalt wurden knapp vier Millionen Euro für die Sanierung der Wilhelm-FoersterSternwarte bewilligt. Weitere Gelder sind über den Nachhaltigkeitsfonds »SIWANA« für die wachsende Stadt beantragt. Allein für die ArchenholdSternwarte hat die Stiftung rund neun Millionen Euro Fördergelder beim Senat beantragt.
»Im Jahr 2021 wird das Riesenfernrohr 125 Jahre alt«, sagt Horn, »da wäre es doch an der Zeit, den kosmischen Staub abzuschütteln und neu zu denken.« Der Stiftungsdirektor träumt davon, die Archenhold-Sternwarte zu einem Zentrum für Astronomiehistorie zu machen. »Wir brauchen einen ganz neuen Ansatz der Wissenschaftskommunikation«, sagt er.
Geplant ist die Neukonzeption der Dauerausstellung, die dem Besucher anhand von historischen Originalen, authentischen Replikaten und di- daktischen Modellen die Arbeit und Methoden von Astronomen erklärt. »Die Ausstellung stammt aus dem Jahr 1996 und bedarf dringend einer didaktischen und medialen Aufarbeitung«, sagt Horn. Zudem soll es mehrere neue barrierefreie Anbauten geben, um die umfangreichen Sammlungen von Teleskopen ausstellen zu können. Auch die große Bibliothek soll ein eigenes Gebäude bekommen.
»Die Archenhold-Sternwarte verfügt über unvergleichbare historische Schätze, die den Entwicklungsweg der Beobachtenden Astronomie anhand von Exponaten aufzeigen kann«, sagt Horn. Den SIWANA-Antrag für das neue Zentrum in Höhe von rund neun Millionen Euro hat er bereits an Bildungsstaatssekretär Mark Rackles (SPD) geschickt.
Horn hofft darauf, dass die Freilegung des Riesenfernrohrs die Debatte um die Zukunft der Sternwarte weiter vorantreiben wird.
»Die ArchenholdSternwarte ist das Juwel der Stiftung Planetarium Berlin.«