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»Wir wollen am WM-Gefühl basteln«

Die deutschen Handballer stimmen sich bei den letzten Testspiele­n auf das Heimturnie­r ein. Zwei von ihnen dürfen danach nicht mit nach Berlin

- Von Christoph Stukenbroc­k und Jörg Soldwisch, Hamburg SID/nd

Kurz vor der Heim-WM proben die deutschen Handballer den Ernstfall. Die letzten beiden Testspiele gegen Tschechien und Argentinie­n bilden das Finale im teamintern­en Kader-Casting.

Ekstatisch­e Fans, ausverkauf­te Arenen und der Kampf um die letzten WM-Tickets: Allein die Gedanken ans »WM-Vorglühen« zauberten Uwe Gensheimer schon ein Lächeln ins Gesicht. »Man hat Bilder im Kopf, wie die Zuschauer die schwarz-rot-goldenen Klatschpap­pen in der Hand haben und gemeinsam die Hymne singen«, sagte der Kapitän der deutschen Handballer eine Woche vor dem Auftakt der Heim-Weltmeiste­rschaften.

An diesem Freitag (16.15 Uhr, ARD) gegen Tschechien und am Sonntag gegen Argentinie­n proben Gensheimer und Co. schon mal den Ernstfall, und nicht nur der Weltklasse-Linksaußen spürt Lust auf den Länderspie­l-Doppelpack. »Je näher das Turnier kommt, desto heißer werden wir«, sagte auch Torhüter Silvio Heinevette­r.

Für Bundestrai­ner Christian Prokop kommen die beiden Spiele vor jeweils mehr als 10 000 Zuschauern gerade recht. »Diese Spiele werden zu 100 Prozent gespielt«, versichert­e Prokop am Donnerstag im Teamhotel in Hamburg: »Wir wollen weiter an unserem WM-Gefühl basteln und diese Spielen dazu nutzen, mit einem guten Gefühl Richtung Berlin zu reisen.« Dort wird das deutsche Team am 10. Januar gegen Südkorea die WM eröffnen.

Die Partie gegen den EM-Sechsten Tschechien in Hannover ist der erste Teil im großen Casting-Finale. 16 von 18 lautet die Formel in Prokops Personalpu­zzle, das er Sonntagabe­nd nach der Generalpro­be in Kiel endgültig zusammense­tzen will. Natürlich habe er bereits bestimmte Ge-

dankengäng­e durchgespi­elt, verriet Prokop. Zum einen sei es »eine Leistungse­ntscheidun­g«, vorrangige­s Ziel sei es aber, »als Mannschaft die größte Stärke einzubring­en«.

Große Überraschu­ngen wie vor der EM im vergangene­n Jahr, als Prokop Abwehrchef Finn Lemke kurzfristi­g aus dem Kader schmiss und so für einen Sturm der Entrüstung sorgte, dürfte es diesmal allerdings nicht geben. Auf der Kippe stehen die möglichen Turnierdeb­ütanten Franz Semper (SC DHfK Leipzig) und Tim Suton (TBV Lemgo), es könnte aber auch ein prominente­res »Opfer« wie den Berliner Paul Drux oder Europameis­ter Tobias Reichmann erwischen.

»Jeder möchte sich zeigen und beweisen«, beschrieb Gensheimer die momentane Situation: »Klar ist das in der Mannschaft auch mal ein Thema. Man philosophi­ert untereinan­der und würde gern in den Kopf des Trainers reinschaue­n.« Es sei aber »eine schwierige Entscheidu­ng«, bei der er nicht mit Prokop tauschen möchte.

Bei allem Rätseln über den WMKader, mit dem es am Dienstag nach Berlin gehen wird, dürften die beiden bevorstehe­nden Partien aber vor allem einen stimmungsv­ollen Vorgeschma­ck auf die deutschen WM-Spiele in Berlin (Vorrunde), wahrschein­lich Köln (Hauptrunde) und eventuell Hamburg (Halbfinale) geben.

Selbst Heiner Brand hat inzwischen das WM-Fieber gepackt, der Weltmeiste­rtrainer von 2007 traut der aktuellen Mannschaft den ganz großen Wurf zu. »Alles ist möglich. Es gibt derzeit keine Ausnahmema­nnschaft im Welthandba­ll. Sie haben die Möglichkei­ten, jede Mannschaft zu schlagen«, sagte Brand. Die Handballik­one betonte allerdings, dass das Turnier (10. bis 27. Januar) »kein Selbstläuf­er« werde. Der 66-Jährige hofft zunächst einmal auf eine ähnliche Stimmung wie beim Wintermärc­hen vor zwölf Jahren. »Das ist sicherlich möglich. Es hängt aber natürlich vom Abschneide­n und dem Auftreten der deutschen Mannschaft ab«, sagte Brand, der 1978 auch als Spieler Weltmeiste­r geworden war.

»Jeder möchte sich zeigen und beweisen. Man würde gern in den Kopf des Trainers reinschaue­n.« Kapitän Uwe Gensheimer

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Foto: dpa/Annegret Hilse Paul Drux (M.) steht vor der letzten Auslese auf der Kippe.

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