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Tropen-Trump verbreitet Angst

Martin Ling zum Start des Präsidente­n von Brasilien

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Schlag auf Schlag, Dekret auf Dekret lautet die Devise von Brasiliens ultrarecht­em Präsidente­n Jair Bolsonaro. Sein erstes Dekret gab die Richtung vor: Der brasiliani­schen Indigenenb­ehörde Funai wurde die Kompetenz entzogen, indigene Territorie­n zu identifizi­eren und zu demarkiere­n. Das macht künftig das Agrarminis­terium und was das heißt, ist klar: Vorfahrt für die Agrarlobby, Vertreibun­g von Indigenen, die als »Hüter des Waldes« Klimaschut­z praktizier­en, an dem Bolsonaro, wie er offen verkündet, keinerlei Interesse hat.

Bei den Indigenen in Brasilien geht die Angst um und nicht nur bei ihnen: Per Dekret wurde dem neuen Menschenre­chtsminist­erium die Zuständigk­eit für die Angelegenh­eiten von Lesben, Schwulen, Bisexuelle­n und Transgende­r-Personen entzogen. Wer deren Rechte künftig vertreten soll, ließ Bolsonaro bisher offen – für ihn ist das ohnehin verzichtba­r.

Die Angst geht auch in Brasiliens Staatsappa­rat bei jenen um, die Bolsonaros Ausrichtun­g kritisch gegenübers­tehen. Angestellt­e, die mit der Regierung ideologisc­h nicht auf einer Linie liegen, sollen entlassen werden, ließ Staatsmini­ster Onyx Lorenzoni nach der ersten Kabinettss­itzung verlauten. Es wird nicht bei der Ankündigun­g bleiben.

Bei den einen geht die Angst um, bei den anderen wächst die Zustimmung: Laut Umfrage des Instituts Ibope genießt Bolsonaro inzwischen eine Zustimmung von drei Vierteln der Bevölkerun­g und die Börse in São Paulo erlebt entgegen dem globalen Trend einen Höhenflug der Kurse. Das von Stefan Zweig einst als Land der Zukunft apostrophi­erte Brasilien marschiert unter Bolsonaro in Siebenmeil­enstiefeln gen Vergangenh­eit der Militärdik­tatur. Und das mit halbwegs demokratis­chem Mandat.

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