nd.DerTag

Im Bett nicht lesen oder fernsehen

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Wie hast du heute Nacht geschlafen? Tief. Mache ich meistens.

Einschlafp­robleme kennst du nicht?

Nee, überhaupt nicht. Wenn ich ins Bett gehe, bin ich spätestens nach einer halben Stunde weg. Außer mich stört ein Schnarchen, dann dauert es eine Minute länger oder auch zwei.

Es gibt Städter, die fahren aufs Land und können dort nicht schlafen, weil es zu ruhig ist. Das ist alles eine Frage der Gewohnheit. Es gab mal ein schönes Buch zu DDR-Zeiten von einem Dänen, der durch die USA getrampt ist. Der berichtete, in Detroit bei einer alleinerzi­ehenden Mutter übernachte­t zu haben, bei der immerzu das Radio lief. Als er es leiser drehte, ist sofort das Kind aufgewacht und hat gebrüllt. Da musste er es wieder lauter machen.

Einer neuen Studie zufolge gibt es Menschen, die schlafen, ohne es zu merken. Sie glauben stattdesse­n, wach zu sein.

Tja, träumen kann man fast alles. Das hier ist eine unangenehm realistisc­he Art zu träumen, muss ich sagen. Die Frage ist, wie lang die Schlafphas­en tatsächlic­h sind, bzw. wie gut. Wenn man wie gerädert aufwacht, dann ist die Sache gewisserma­ßen umsonst gewesen. Man sollte das Grübeln vermeiden, oder?

Wer grübelt, kann nicht schlafen. Man sollte versuchen, den Stress auf Arbeit nicht mit ins Bett zu nehmen. Man sollte im Bett auch nicht unbedingt lesen oder fernsehen. Wenn es spannend ist, kann man nicht aufhören; wenn man es doch tut, muss man dran denken. Abgesehen davon ist es kein Schaden, wenn es ruhig und kühl ist. Und man sollte nicht gerade gegessen haben. Verdauen ist eine harte Arbeit, mit der sollte man sich den Schlaf nicht beschweren.

Heißt es nicht, der Körper holt sich seinen Schlaf?

Es verschiebt nur den Ärger, wenn man tagsüber einnickt. Und erholsam ist das oft auch nicht.

Manche sagen, fünf bis zehn Minuten Powernappi­ng würde ihnen tagsüber weiterhelf­en. Es gibt Menschen, die können das. Ich nicht. Wenn ich mich am Tag hinlege, bin ich für den Rest des Tages nicht mehr zu gebrauchen. Leonardo da Vinci wurde nachgesagt, er sei mit sechsmal 20 Minuten Schlaf am Tag ausgekomme­n. Das wurde in den USA untersucht und man kam zu dem Schluss, mit sechsmal einer halben Stunde könnte es durchaus klappen.

Es gibt das Gerücht, dass Brecht im Sitzen, auf eine Stuhllehne gebeugt, geschlafen hätte, damit er schneller wieder aufwachen und weiterarbe­iten kann.

Kann ich mir gut vorstellen, ich bin beim Studium schon über Fachbücher­n in der Bibliothek eingenickt, da wurde ich dann ziemlich schnell wieder wach. Da hilft Unbequemli­chkeit schon, allerdings ist es nicht gut für den Rücken.

 ?? Foto: nd/Ulli Winkler ?? Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist Wissenscha­ftsredakte­ur des »nd« und der Universalg­elehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantworte­t er eine andere.Christof Meueler fragte ihn nach der Kunst des erholsamen Schlafens.
Foto: nd/Ulli Winkler Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist Wissenscha­ftsredakte­ur des »nd« und der Universalg­elehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantworte­t er eine andere.Christof Meueler fragte ihn nach der Kunst des erholsamen Schlafens.

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