Kohletreffen im Kanzleramt
Merkel lädt zur Ausstiegsplanung ein / Erstmals gleich viel Strom aus erneuerbaren Energien
Während die Kohlekommission auf Ergebnisse warten lässt, haben erneuerbare Energien bei der Stromproduktion erstmals mit der Kohle gleichgezogen.
Ihr vollständiger Name – »Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung« – ist so sperrig wie ihre Aufgabe kompliziert. Die Kohlekommission soll einen Fahrplan für den Ausstieg der Bundesrepublik aus der Kohleverstromung erstellen und ein Zukunftsszenario für die Kohleregionen liefern. Eigentlich sollte das von der Bundesregierung eingesetzte Gremium schon im November seinen Abschlussbericht vorlegen.
Deutschland wollte auf der UNKlimakonferenz in Katowice glänzen und zeigen, wie die Energiewende funktioniert. Daraus wurde nichts. Mitte November forderten die Ministerpräsidenten von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg deutlich mehr Geld für den Strukturwandel in ihren Ländern und kritisierten die Arbeit der Kommission vehement. Daraufhin wurde die Vorlage des Abschlussberichts auf den 1. Februar vertagt.
Dass es in der Kohlekommission Streit gibt, ist ein offenes Geheimnis. Deswegen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Ministerpräsidenten aus den Kohleländern und die vier Vorsitzenden der Kommission nun für den 15. Januar zu Gesprächen ins Kanzleramt eingeladen. Nach Informationen des »Spiegel« ist sie unzufrieden mit dem Fortschritt der Beratungen. Die eingeladenen Länderchefs erhoffen sich Klarheit darüber, wie viel Geld wie verteilt wird. Ein mögliches Modell orientiert sich am Berlin/Bonn-Gesetz, das den Umzug des Bundestags festlegte und Hilfen für Bonn vorsah. Aber auch eine Stiftung oder ein Strukturwandelfonds stehen zur Debatte.
Nach Informationen der »Klimareporter« hakt es aber nicht nur bei der Geldverteilung. Während die Umweltverbände einen Kohleausstieg bis 2030 fordern und sofort ernsthafte Schritte verlangen, kann sich etwa Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) eine Kohleverstromung noch bis ins Jahr 2038 und darüber hinaus vorstellen.
Unzufrieden sind auch die Industrie- und Handelskammern Köln, Aachen und Niederrhein. In einem Brief an die Kohlekommission, die Bundes- und die Düsseldorfer Landesregierung, den die »Rheinische Post« veröffentlichte, stimmen sie der Energiewende grundsätzlich zu. Diese könne »Chancen für den Wirtschaftsstandort Deutschland« eröffnen. Für die Industrie sei es unerheblich, aus welcher Quelle Strom kommt. Allerdings müsse »Versorgungssicherheit zu wettbewerbsfähigen Preisen« sichergestellt werden.
Wie es praktisch um die Energiewende steht, zeigt eine Studie der Denkfabrik Agora Energiewende, die an diesem Montag vorgestellt werden soll. Der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch hat 2018 erstmals mit dem der Kohle gleichgezogen. Beide sorgten für jeweils 35,2 Prozent des Stromaufkommens in Deutschland. Grund ist allerdings nicht der Ausbau von Ökostrom, sondern der Rückgang der Steinkohlenutzung. Bei der Braunkohle habe es nur einen »marginalen« Rückgang gegeben.
Dass es in der Kohlekommission Streit gibt, ist ein offenes Geheimnis.