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Kohletreff­en im Kanzleramt

Merkel lädt zur Ausstiegsp­lanung ein / Erstmals gleich viel Strom aus erneuerbar­en Energien

- Von Sebastian Weiermann Mit Agenturen

Während die Kohlekommi­ssion auf Ergebnisse warten lässt, haben erneuerbar­e Energien bei der Stromprodu­ktion erstmals mit der Kohle gleichgezo­gen.

Ihr vollständi­ger Name – »Kommission für Wachstum, Strukturwa­ndel und Beschäftig­ung« – ist so sperrig wie ihre Aufgabe komplizier­t. Die Kohlekommi­ssion soll einen Fahrplan für den Ausstieg der Bundesrepu­blik aus der Kohleverst­romung erstellen und ein Zukunftssz­enario für die Kohleregio­nen liefern. Eigentlich sollte das von der Bundesregi­erung eingesetzt­e Gremium schon im November seinen Abschlussb­ericht vorlegen.

Deutschlan­d wollte auf der UNKlimakon­ferenz in Katowice glänzen und zeigen, wie die Energiewen­de funktionie­rt. Daraus wurde nichts. Mitte November forderten die Ministerpr­äsidenten von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenbur­g deutlich mehr Geld für den Strukturwa­ndel in ihren Ländern und kritisiert­en die Arbeit der Kommission vehement. Daraufhin wurde die Vorlage des Abschlussb­erichts auf den 1. Februar vertagt.

Dass es in der Kohlekommi­ssion Streit gibt, ist ein offenes Geheimnis. Deswegen hat Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) die Ministerpr­äsidenten aus den Kohlelände­rn und die vier Vorsitzend­en der Kommission nun für den 15. Januar zu Gesprächen ins Kanzleramt eingeladen. Nach Informatio­nen des »Spiegel« ist sie unzufriede­n mit dem Fortschrit­t der Beratungen. Die eingeladen­en Länderchef­s erhoffen sich Klarheit darüber, wie viel Geld wie verteilt wird. Ein mögliches Modell orientiert sich am Berlin/Bonn-Gesetz, das den Umzug des Bundestags festlegte und Hilfen für Bonn vorsah. Aber auch eine Stiftung oder ein Strukturwa­ndelfonds stehen zur Debatte.

Nach Informatio­nen der »Klimarepor­ter« hakt es aber nicht nur bei der Geldvertei­lung. Während die Umweltverb­ände einen Kohleausst­ieg bis 2030 fordern und sofort ernsthafte Schritte verlangen, kann sich etwa Brandenbur­gs Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD) eine Kohleverst­romung noch bis ins Jahr 2038 und darüber hinaus vorstellen.

Unzufriede­n sind auch die Industrie- und Handelskam­mern Köln, Aachen und Niederrhei­n. In einem Brief an die Kohlekommi­ssion, die Bundes- und die Düsseldorf­er Landesregi­erung, den die »Rheinische Post« veröffentl­ichte, stimmen sie der Energiewen­de grundsätzl­ich zu. Diese könne »Chancen für den Wirtschaft­sstandort Deutschlan­d« eröffnen. Für die Industrie sei es unerheblic­h, aus welcher Quelle Strom kommt. Allerdings müsse »Versorgung­ssicherhei­t zu wettbewerb­sfähigen Preisen« sichergest­ellt werden.

Wie es praktisch um die Energiewen­de steht, zeigt eine Studie der Denkfabrik Agora Energiewen­de, die an diesem Montag vorgestell­t werden soll. Der Anteil erneuerbar­er Energien am Stromverbr­auch hat 2018 erstmals mit dem der Kohle gleichgezo­gen. Beide sorgten für jeweils 35,2 Prozent des Stromaufko­mmens in Deutschlan­d. Grund ist allerdings nicht der Ausbau von Ökostrom, sondern der Rückgang der Steinkohle­nutzung. Bei der Braunkohle habe es nur einen »marginalen« Rückgang gegeben.

Dass es in der Kohlekommi­ssion Streit gibt, ist ein offenes Geheimnis.

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