nd.DerTag

Ehe für alle

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Dem Verfassung­sgerichtsh­ofsurteil in Taipeh vom Frühling 2017 geht die Geschichte des schwulen Aktivisten Chia-wei Chi voraus. Schon in den 1980er Jahren startete er eine Petition für die Legalisier­ung der Homo-Ehe, woraufhin er 1986 fünf Monate im Gefängnis verbringen musste. Mehrmals versuchte Chi fortan, seinen Lebenspart­ner zu heiraten. Zuletzt scheiterte er im Jahr 2013, nachdem dies erneut von einem Amt abgelehnt worden war. Chi stritt sich die Instanzen hinauf, zuletzt mit Unterstütz­ung der Stadt Taipeh und mehrerer Nichtregie­rungsorgan­isationen. Sein Argument: Ein Verbot der Homo-Ehe verwehre einem Teil der Bevölkerun­g das Recht zu heiraten. Nach der Ablehnung der Ehe für alle im Volksentsc­heid im November ist nun ungeklärt, wie die Regierung beide Positionen umsetzt. Es zeichnet sich eine kleine Lösung ab.

Verfassung­srechtlich ist in Taiwan nicht geklärt, was passiert, wenn ein Urteil des Obersten Gerichts gegen den Ausgang eines Referendum­s steht. Die Regierung sucht nach einer pragmatisc­hen Lösung. Sie will dem Willen des Volkes nachkommen, indem sie das Bürgerlich­e Gesetzbuch unangetast­et lässt. Die Ehe bleibt also eine Institutio­n zwischen Mann und Frau. Zugleich will Taiwan in einem neuen Gesetz eine eingetrage­ne Partnersch­aft mit gleichen Rechten einführen. Schon jetzt können sich gleichgesc­hlechtlich­e Paare bei zahlreiche­n Ortsämtern registrier­en lassen. Mit der pragmatisc­hen Lösung dürften allerdings beide Seiten unglücklic­h sein.

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