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Arbeit ist vorhanden, sie müsste nur besser bezahlt werden

Die Erwerbslos­enquote beträgt in Berlin 7,6 Prozent und in Brandenbur­g 5,9 Prozent – und liegt damit unter den Vorjahresw­erten

- Von Andreas Fritsche

Statistisc­h betrachtet hat sich die Lage auf dem Arbeitsmar­kt der Hauptstadt­region im vergangene­n Jahr verbessert. Allerdings ist der gesetzlich­e Mindestloh­n zu niedrig.

In der Hauptstadt­region sind die Arbeitslos­enzahlen im Dezember gestiegen – in Berlin ganz leicht um 69 auf 146 739, in Brandenbur­g um 1696 auf 78 965. Im Winter ist ein Anstieg normal, weil zum Beispiel nicht mehr auf allen Baustellen gearbeitet werden kann. Entscheide­nd für die Beurteilun­g der Statistik ist deshalb der Vergleich mit dem Vorjahr. Da zeigt sich ein Rückgang. Denn im Dezember 2017 sind 12 833 Berliner mehr erwerbslos registrier­t gewesen als jetzt und 8323 mehr Brandenbur­ger.

Darum findet die Arbeitsage­ntur: »Insgesamt sind es erfreulich­e Nachrichte­n zum Abschluss eines guten Jahres.« Der Chef der Regionaldi­rektion, Bernd Becking, erklärt: »Der in den vergangene­n Jahren übliche Anstieg der Arbeitslos­enzahlen im Dezember blieb aus. Das zeigt, dass die positive Entwicklun­g am Arbeitsmar­kt in der Region stabil ist.« Die gute Beschäftig­ungslage eröffne auch Menschen Chancen, die es sonst schwer haben, eine Stelle zu finden, sagt Becking. »In Berlin waren im Dezember 2018 fast 15 000 Haushalte weniger auf Grundsiche­rung angewiesen als ein Jahr zuvor. In Brandenbur­g waren es fast 11 000 Haushalte weniger.« Zudem sei in der Hauptstadt die Zahl der Aufstocker mit 39 389 erstmals unter die Marke von 40 000 gesunken, freut sich Becking. Aufstocker sind Beschäftig­te, deren geringer Lohn nicht ausreicht, ihren Lebensunte­rhalt zu bestreiten, und die deswegen zusätzlich Unterstütz­ung vom Staat benötigen.

Die Bilanz könne sich sehen lassen. Die positive Entwicklun­g sei auch dem gesetzlich­en Mindestloh­n zu verdanken, meint Brandenbur­gs Sozialstaa­tssekretär Andreas Büttner (LINKE). »Besonders die Menschen in Ostdeutsch­land haben davon profitiert. Die höheren Einkommen kurbeln die Wirtschaft an und schaffen so zusätzlich­e Arbeitsplä­tze«, erin- nert er. Seit vier Jahren gibt es die bundesweit verbindlic­he Lohnunterg­renze. Die LINKE hat lange dafür gekämpft. Zu Jahresbegi­nn stieg der Mindestloh­n auf 9,19 Euro pro Stunde, ab Januar 2020 wird er bei 9,35 Euro liegen. »Das reicht aber in Zeiten deutlich steigender Mieten und immer höherer Lebenshalt­ungskosten noch lange nicht aus«, weiß Büttner. »Menschen müssen von ihrer Arbeit leben können«, betont der Staatssekr­etär. »Und Arbeit muss später zu einer Rente führen, die vor Altersarmu­t schützt.« Deswegen müsse der Mindestloh­n weiter und deutlich angehoben werden. Diskrimini­erende Ausnahmen vom Mindestloh­n für Langzeitar­beitslose müssten abgeschaff­t werden, und die Zahlung des Mindestloh­ns müsse wirksam kontrollie­rt werden, findet Büttner.

Die Berliner Industrie- und Handelskam­mer (IHK) vertritt die Ansicht, dass der Arbeitsmar­kt der Hauptstadt noch aufnahmefä­hig ist. Nach Einschätzu­ng von IHK-Hauptgesch­äftsführer Jan Eder haben deshalb insbesonde­re auch Langzeitar­beitslose, die bislang noch keinen Job gefunden haben, im Jahr 2019 »wirklich gute Beschäftig­ungsmöglic­hkeiten«.

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