Arbeit ist vorhanden, sie müsste nur besser bezahlt werden
Die Erwerbslosenquote beträgt in Berlin 7,6 Prozent und in Brandenburg 5,9 Prozent – und liegt damit unter den Vorjahreswerten
Statistisch betrachtet hat sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt der Hauptstadtregion im vergangenen Jahr verbessert. Allerdings ist der gesetzliche Mindestlohn zu niedrig.
In der Hauptstadtregion sind die Arbeitslosenzahlen im Dezember gestiegen – in Berlin ganz leicht um 69 auf 146 739, in Brandenburg um 1696 auf 78 965. Im Winter ist ein Anstieg normal, weil zum Beispiel nicht mehr auf allen Baustellen gearbeitet werden kann. Entscheidend für die Beurteilung der Statistik ist deshalb der Vergleich mit dem Vorjahr. Da zeigt sich ein Rückgang. Denn im Dezember 2017 sind 12 833 Berliner mehr erwerbslos registriert gewesen als jetzt und 8323 mehr Brandenburger.
Darum findet die Arbeitsagentur: »Insgesamt sind es erfreuliche Nachrichten zum Abschluss eines guten Jahres.« Der Chef der Regionaldirektion, Bernd Becking, erklärt: »Der in den vergangenen Jahren übliche Anstieg der Arbeitslosenzahlen im Dezember blieb aus. Das zeigt, dass die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt in der Region stabil ist.« Die gute Beschäftigungslage eröffne auch Menschen Chancen, die es sonst schwer haben, eine Stelle zu finden, sagt Becking. »In Berlin waren im Dezember 2018 fast 15 000 Haushalte weniger auf Grundsicherung angewiesen als ein Jahr zuvor. In Brandenburg waren es fast 11 000 Haushalte weniger.« Zudem sei in der Hauptstadt die Zahl der Aufstocker mit 39 389 erstmals unter die Marke von 40 000 gesunken, freut sich Becking. Aufstocker sind Beschäftigte, deren geringer Lohn nicht ausreicht, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, und die deswegen zusätzlich Unterstützung vom Staat benötigen.
Die Bilanz könne sich sehen lassen. Die positive Entwicklung sei auch dem gesetzlichen Mindestlohn zu verdanken, meint Brandenburgs Sozialstaatssekretär Andreas Büttner (LINKE). »Besonders die Menschen in Ostdeutschland haben davon profitiert. Die höheren Einkommen kurbeln die Wirtschaft an und schaffen so zusätzliche Arbeitsplätze«, erin- nert er. Seit vier Jahren gibt es die bundesweit verbindliche Lohnuntergrenze. Die LINKE hat lange dafür gekämpft. Zu Jahresbeginn stieg der Mindestlohn auf 9,19 Euro pro Stunde, ab Januar 2020 wird er bei 9,35 Euro liegen. »Das reicht aber in Zeiten deutlich steigender Mieten und immer höherer Lebenshaltungskosten noch lange nicht aus«, weiß Büttner. »Menschen müssen von ihrer Arbeit leben können«, betont der Staatssekretär. »Und Arbeit muss später zu einer Rente führen, die vor Altersarmut schützt.« Deswegen müsse der Mindestlohn weiter und deutlich angehoben werden. Diskriminierende Ausnahmen vom Mindestlohn für Langzeitarbeitslose müssten abgeschafft werden, und die Zahlung des Mindestlohns müsse wirksam kontrolliert werden, findet Büttner.
Die Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) vertritt die Ansicht, dass der Arbeitsmarkt der Hauptstadt noch aufnahmefähig ist. Nach Einschätzung von IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder haben deshalb insbesondere auch Langzeitarbeitslose, die bislang noch keinen Job gefunden haben, im Jahr 2019 »wirklich gute Beschäftigungsmöglichkeiten«.