nd.DerTag

Wieder Besuch für den Telemichel

Der Hamburger Fernsehtur­m – der seit 2001 für die Öffentlich­keit gesperrt ist – wird nun bis zum Jahr 2023 für 37 Millionen Euro saniert

- Von Hagen Jung

Das seit 2001 wegen Asbest und veralteten Brandschut­zes geschlosse­ne Café im Hamburger Fernsehtur­m soll ab 2023 wieder zugänglich sein. Die Kosten für die Sanierung liegen bei 37 Millionen Euro.

Innerhalb einer Stunde soll ein Gast des 127 Meter hoch gelegenen Cafés im Hamburger Fernsehtur­m vor vielen Jahren 17 Stück Torte gefuttert haben, so wird jedenfalls erzählt. Legende oder Tatsache? Immerhin galt damals: Für fünf D-Mark durfte jede und jeder so viel Gebäck vertilgen, wie es der Magen innerhalb von 60 Minuten vertrug. Denn in diesem Zeitraum hatte sich das drehbare Restaurant einmal um die eigene Achse bewegt und den Besuchern in allen Richtungen den Ausblick über die Hansestadt ermöglicht. Danach hieß es: Platz machen für die nächste Gästeschar.

Mit der Kuchen-Flatrate ist es schon lange vorbei. Im Turm war Asbest festgestel­lt worden, und so wurde er 2001 für die Öffentlich­keit gesperrt. Und damit auch für die Bungee-Springer, die per Turbo-Lift auf eine der oberen Plattforme­n fuhren, um von dort den rechtzeiti­g gebremsten Fall in die Tiefe zu erleben. Doch nun ist ein neuer Betreiber für das Café gefunden und damit die letzte Hürde für die seit geraumer Zeit geplante Neueröffnu­ng des Fernsehtur­ms genommen. Zunächst muss er gründlich saniert werden, 2023 soll er dann wieder Besucher empfangen.

Zu seiner ersten Eröffnung im Mai des Jahres 1968 hatte das insgesamt 279 Meter empor ragende Bauwerk einen enormen Besucherzu­strom erlebt, und auch in den folgenden Jahren zählte es als Aussichtsp­unkt zu den beliebtest­en Zielen in der Elbmetropo­le. Gebaut worden war der »Telemichel«, wie die Hamburger den Turm in Anlehnung an die gleichfall­s als »Michel« vertraute Michaelisk­irche nennen, weil die Bundespost neue Sendeanten­nen für Ra- dio- und Fernsehpro­gramme benötigte.

Offiziell erhielt das einschließ­lich der technische­n Anlagen 52 Millionen D-Mark teure Betonobjek­t seinerzeit den Namen »Heinrich-HertzTurm«: eine Hommage an den Entdecker der elektromag­netischen Wellen. Der Physikprof­essor Hertz (1854–1897), gebürtiger Hamburger, hatte mit seinen Forschungs­ergebnisse­n die Grundlage für das RundfunkSe­nden und -Empfangen gelegt.

Gesendet wurden und werden Rundfunk- sowie Fernsehpro­gramme vom Hamburger Fernsehtur­m nach wie vor. Seit der Sperre für Besucher hatte er mehrmals für Aufregung in der Elbestadt gesorgt. So etwa, als ihn ein Architekt mit einem Hotel umbauen wollte oder als die Boulevardp­resse Telemichel­s Ende an die Wand malte. Statiker hätten ihm eine Lebenszeit von nur noch 30 Jahren zugesproch­en, hieß es. Eine Prognose, die irgendwann wieder im Sande verlief.

Erfreulich für viele Hansestädt­er war dagegen im Mai des vergangene­n Jahres die Nachricht der TurmEigent­ümerin, der Telekom-Tochter »Deutsche Funkturm GmbH«: Der Telemichel soll in vier Jahren wieder geöffnet werden, und über die finanziell­e Seite der etwa 37 Millionen Euro teuren Sanierung sei man sich auch einig. Je zur Hälfte übernehmen Bund und Stadt Hamburg die Kosten.

Wer das Café in der Höhe betreiben wird, steht nach europaweit­er Ausschreib­ung erst seit wenigen Tagen fest, wird aber von allen Beteiligte­n noch streng verschwieg­en und wohl erst im Februar bekannt gegeben. Die größten Chancen bei der Bewerbung, so wird gemunkelt, könnte die »TV-Turm Alexanderp­latz Gastronomi­egesellsch­aft« aus Berlin gehabt haben. Offen ist auch, ob sich das Café wieder drehen wird. Aber ob es dort erneut eine KuchenFlat­rate gibt und jemand innerhalb einer Stunde 17 Stück Torte verspeisen darf, das dürfte mehr als fraglich sein.

 ?? Foto: dpa/Axel Heimken ?? Der Hamburger Fernsehtur­m soll wieder öffnen.
Foto: dpa/Axel Heimken Der Hamburger Fernsehtur­m soll wieder öffnen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany