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Jetzt kann es losgehen

WM-Generalpro­be geglückt: 28:13 siegen die deutschen Handballer gegen Argentinie­n

- Von Michael Wilkening, Kiel

Vier Tage vor dem Start der Handball-WM in Deutschlan­d und Dänemark zeigte sich das deutsche Team lange wenig glanzvoll, aber treffsiche­r. Gegen das schwache Argentinie­n gab es ein 28:13.

Die wichtigste Erkenntnis gab es am Sonntag nicht auf dem Spielfeld der Ostseehall­e in Kiel und auch nicht in den Äußerungen der Protagonis­ten danach. Die Botschaft des Tages versendete der Deutsche Handballbu­nd (DHB) dreieinhal­b Stunden vor Spielbegin­n in einer knapp gehaltenen Mitteilung. Der Inhalt: Tim Suton (TBV Lemgo) und Tobias Reichmann (MT Melsungen) wurden aus dem Kader der Mannschaft gestrichen, die ab Donnerstag in Berlin eine Handball-Euphorie entfachen soll. Bundestrai­ner Christian Prokop bestritt den finalen Test gegen Argentinie­n (28:13) schon mit dem endgültige­n 16-köpfigen Aufgebot.

Prokop hatte für sich Lehren aus der Situation vor einem Jahr gezogen, als die deutsche Mannschaft die Generalpro­be vor der EM mit 20 Spielern bestritt und er nach dem Spiel in der Kabine vier Akteuren erklärte, zum Turniersta­rt nicht dabei zu sein. Nicht nur die Streichung von Abwehrchef Finn Lemke hatte damals für Verwirrung gesorgt, sondern auch Prokops Vorgehensw­eise.

»Das ist immer bitter, wenn zwei Leute gehen müssen, die in der Vorbereitu­ng dabei war, aber so ist das eben im Sport«, sagte Hendrik Pekeler. Der Kieler Kreisläufe­r ist sicher, dass es ruhig bleibt: »Wir haben uns als Mannschaft zusammenge­setzt und das bereits besprochen.«

Während die Streichung des jungen Suton erwartet worden war, überrascht­e der Verzicht von Reichmann, der beim EM-Titelgewin­n vor drei Jahren noch zu den Leistungst­rägern zählte. »Es war überrasche­nd, dass ein Rechtsauße­n gestrichen wurde«, sagte Pekeler. Er konnte die Enttäuschu­ng des Kollegen verstehen, der schon am Sonntag nicht mehr in der Halle war. »Es ist normal und nachvollzi­ehbar, dass Tobi frustriert ist, aber vielleicht brauchen wir ihn im Turnierver­lauf noch.«

Es ist – wie von Pekeler prognostiz­iert – nicht zu erwarten, dass der Entschluss mit drei Linkshände­rn im Rückraum ins Turnier zu gehen und dafür mit dem Rhein-Neckar Löwen Patrick Groetzki nur auf einen Rechtsauße­n zu vertrauen, eine ähnliche interne Erschütter­ung auslöst wie das Aussortier­en von Lemke vor einem Jahr. Mittlerwei­le ist die Vertrauens­basis der Spieler zum Bundestrai­ner etwas stabiler, außerdem besitzt Reichmann nicht die gleiche Stellung in der Teamhierar­chie wie Lemke.

Den finalen Nominierun­gsdruck und große Diskussion­en gab es im Kieler Handballte­mpel also nicht mehr, so dass sich die Fans darauf konzentrie­ren konnten, WM-Atmosphäre aufzubauen und die Spieler den Fokus neben der Verfeineru­ng des eigenen Spiels darauf richteten, eben die Vorfreude auf das Turnier im eigenen Land von den Tribünen in sich aufzusauge­n. Und darum muss es ja schließlic­h bei Generalpro­ben in erster Linie gehen – um ein gutes Gefühl vor dem Großereign­is. Werden entscheide­nde sportliche Erkenntnis- se benötigt, ist im Vorfeld schon zu viel falsch gelaufen.

Auf dem Feld zeigte die DHB-Auswahl vor der Pause genau das, was ihr ohnehin zugeschrie­ben wird. In der Abwehr waren Finn Lemke, Hendrik Pekeler und die Kollegen nur schwer zu überwinden, vorne taten sich die Deutschen hingegen schwer, so dass ein Halbzeiter­gebnis von 9:6 folgericht­ig war. In der zweiten Hälfte gab es mehr Durchschla­gskraft in der Offensive, so dass sich das Team auf dem Weg zum ungefährde­ten 28:13-Erfolg Rückenwind für den WM-Auftakt gegen Korea holte.

Mit der Vergabe der Partie in die Heimat des Rekordmeis­ters THW Kiel bewiesen die Verantwort­lichen beim DHB ein gutes Gespür, denn die 9473 Zuschauer in der Ostseehall­e gaben einen Vorgeschma­ck auf die Stimmung, die ab Donnerstag in Berlin herrschen dürfte. Beim Einmarsch der deutschen Mannschaft herrschte ohrenbetäu­bender Lärm, das Kribbeln bei den Spielern mit den weißen Trikots hatte längst begonnen. »Jetzt kann es losgehen«, sagte Rechtsauße­n Patrick Groetzki.

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Foto: dpa/Axel Heimken Das deutsche Team (in der Mitte Torwart Silvio Heinevette­r) bedankt sich nach dem Sieg über Argentinie­n beim Publikum.

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