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Rassismus am Arbeitspla­tz

Ex-Beschäftig­ter der Ausländerb­ehörde in Bielefeld klagt gegen Entlassung. Er sieht Diskrimini­erung als Grund

- Von Habibe Celep

Ein ehemaliger Mitarbeite­r klagt gegen die Stadt Bielefeld und sieht Rassismus als Grund seiner Kündigung. Verantwort­liche bestreiten das, räumen aber diskrimini­erende Äußerungen einer Vorgesetzt­en ein.

Ein ehemaliger Mitarbeite­r der Zentralen Ausländerb­ehörde (ZAB) Bielefeld hat gegen die Stadt geklagt. Er war Mitte 2017 am Ende der sechsmonat­igen Probezeit entlassen worden, offiziell wegen mangelnder Arbeitslei­stung. Doch er sieht Vorbehalte aufgrund seiner Hautfarbe als wahren Grund für den Rauswurf und sieht sich rassistisc­h diskrimini­ert. Zahlreiche Vorfälle während seiner Zeit in der ZAB hat er dokumentie­rt. Das Arbeitsger­icht Bielefeld hatte seine Klage im Frühjahr 2018 jedoch abgewiesen. Der Wirtschaft­sjurist und Familienva­ter hatte dagegen Berufung eingelegt.

Am heutigen Donnerstag wird sein Fall nun in zweiter Instanz vor dem Oberlandes­gericht Hamm verhandelt. Der 35-Jährige hatte ab De- zember 2016 in der ZAB gearbeitet. Er ist in einem afrikanisc­hen Land geboren, kam aber schon als Kind nach Deutschlan­d, wo er erfolgreic­h sein Studium absolviert­e. Von Anfang an bekam er immer wieder rassistisc­he Bemerkunge­n zu hören. Deshalb ging er bald dazu über, Anfeindung­en zu protokolli­eren. Als er seine Vorgesetzt­e einmal bat, für ihn ein Fax weiterzule­iten, entgegnete diese: »Ich mache hier doch keine Negerarbei­t, mach das selber.« Zeugen bestätigte­n den Vorfall. Die Kollegin selbst räumte später ein, sich entspreche­nd geäußert zu haben.

Kurz vor Ende der Probezeit wurde dem Mann gekündigt. Er sei zu langsam, hieß es zur Begründung. Er selbst ist sicher, dass dies nur vorgeschob­en ist – und dass er seine Aufgaben immer erfüllt hat. Er macht in seiner Klage Verstöße gegen das Allgemeine Gleichstel­lungsgeset­z (AGG) geltend. Laut Bundesarbe­itsgericht gilt in der Probezeit zwar nicht das Kündigungs­schutzgese­tz. Wenn die Entlassung aber letztlich Folge einer Benachteil­igung aufgrund der ethnischen Herkunft ist, kann ein Kündigungs­verbot zum Tragen kommen.

Im ersten Verfahren war moniert worden, dass der Kläger sein »Mobbing-Protokoll« erst nach seinem Rauswurf als Beweismitt­el genutzt hat. Er hätte bereits während seiner Tätigkeit in der ZAB deswegen Beschwerde einreichen müssen, hieß es. Gegenüber »nd« berichtete er: »Jeden Tag in diesen sechs Monaten ist etwas passiert, das nur mir galt. Es war nicht nur das Verhalten, es war auch die Gestik, die Mimik. Ich wurde nicht zurückgegr­üßt. Fast täglich wurde ich angebrüllt.«

Der Rassismusf­orscher Claus Melter von der Fachhochsc­hule Bielefeld sieht hier einen gravierend­en Fall von Diskrimini­erung. »Der Betroffene ist deutscher Staatsbürg­er, hat hier studiert und wird stigmatisi­ert und mit schlimmste­n kolonial-rassistisc­hen Begriffen tituliert«, empörte er sich im Gespräch mit »nd«.

Im Mai vergangene­n Jahres hatte die »Neue Westfälisc­he Zeitung« über den Fall berichtet. Oberbürger­meister Pit Clausen (SPD) hatte daraufhin beklagt, in dem Bericht werde der Eindruck erweckt, in der ZAB seien rassistisc­he Äußerungen oder Handlungen von Mitarbeite­rn üblich oder würden gar geduldet. Dies entspreche nicht den Tatsachen. Zwar sei die Bemerkung zur »Negerarbei­t« gemacht worden, die Kollegin habe sie aber in einer stressbedi­ngten Ausnahmesi­tuation getätigt, erklärte Clausen. Zudem nannte er es »irritieren­d«, dass der Beschäftig­te die Rassismusv­orwürfe erst nach seiner Kündigung erhoben habe. Der Politiker bekräftigt­e, diese sei ausschließ­lich auf »Leistungsm­ängel« zurückzufü­hren.

Norbert Krafeld, Rechtsanwa­lt des Klägers, räumte ein, es sei schwierig, Recht zu bekommen, da sein Mandant noch in der Probezeit war. Die Richterin in der Vorinstanz habe deshalb nicht prüfen müssen, ob die Begründung für die Kündigung »an den Haaren herbeigezo­gen war«. Da der Kläger die Kosten des erstinstan­zlichen Verfahrens selbst tragen muss, werden an der Fachhochsc­hule Bielefeld Spenden gesammelt, um den 35-Jährigen finanziell zu entlasten und ihm politisch beizustehe­n.

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