Hauptsache, es schmeckt
Die Bundesbürger möchten sich zwar gerne gesund ernähren, doch dies tun nach wie vor nur wenige.
Bei der Beurteilung ihres Essens sind sich die Deutschen einig: 99 Prozent finden, dass schmecken soll, was auf den Tisch kommt. Und nicht nur das: Laut dem Ernährungsreport 2019, den Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) am Mittwoch in Berlin vorstellte, wünschen sich 91 Prozent der Befragten eine gesunde Ernährung. Jedem Zweiten ist eine schnelle und einfache Zubereitung wichtig. Deshalb sollen nach Willen der Ministerin Fertigprodukte gesünder werden. »Wir wollen Rahmenbedingungen schaffen, damit die Entscheidung für gesunde Lebensmittel zur leichten Wahl wird und sich gut in den Alltag integrieren lässt«, sagte Klöckner. Gesetze und Vorgaben plant sie nicht – die im Herbst 2018 verabschiedete Reduktionsstrategie soll schrittweise für weniger Zucker, Fett und Salz in Fertignahrungsmitteln sorgen.
Das ist dringend notwendig: 62 Prozent der Männer, 43 Prozent der Frauen und 15 Prozent der Kinder in Deutschland sind übergewichtig. Der übermäßige Konsum von Zucker, gesättigten Fettsäuren und Salz erhöht das Risiko für Übergewicht, Fettleibigkeit und Krankheiten wie Diabetes.
Dass Selbstverpflichtungen für die Industrie der richtige Weg sind, bezweifeln Verbraucherschützer. »Frau Klöckner verteidigt wirtschaftliche Interessen gegen Anliegen des Verbraucherschutzes, wenn sie allein auf freiwillige
62 Prozent der Männer, 43 Prozent der Frauen und 15 Prozent der Kinder sind übergewichtig.
Maßnahmen setzt«, sagt Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker. Eine Selbstverpflichtung der Lebensmittelindustrie, den Zucker zu reduzieren, sei zum Scheitern verurteilt. Stattdessen fordert Rücker die Einführung einer verständlichen Lebensmittelampel für Zucker, Fett & Co., ein Verbot der Vermarktung ungesunder Lebensmittel an Kinder und eine »LimoSteuer«, damit Hersteller einen Anreiz haben, weniger Zucker in ihre Getränke zu mischen.
Für den Ernährungsreport hat das Meinungsforschungsinstitut Forsa 1000 Deutsche befragt. Allerdings könne die Umfrage das Verhalten beim Essen nicht direkt widerspiegeln, schränkt ForsaChef Manfred Güllner ein. Es gehe eher um Erwartungen. »Die Befragten sagen, dass sie bereit sind, mehr Geld für umweltfreundliche Produkte wie Ökostrom oder Fleisch zu zahlen.« Das werde oft nur gesagt, aber nicht getan.
Auch wenn mittlerweile viel über vegetarische oder vegane Ernährung gesprochen wird – auf Fleischprodukte verzichten bisher nur sechs Prozent. Bei den 14- bis 29-Jährigen sind es jedoch bereits elf Prozent. Gleichzeitig kommt bei 28 Prozent der Deutschen täglich Fleisch auf den Tisch. Männer essen es häufiger als Frauen. Im Osten trifft dies sogar auf 43 Prozent der Befragten zu. Auch bei anderen Produkten lassen sich Unterschiede feststellen: So essen die Menschen im Osten mehr Obst und Gemüse als die Menschen in den alten Bundesländern.
In der Umfrage wurden auch die Erwartungen an die Landwirtschaft abgefragt. Gut zwei Drittel wünschen sich eine artgerechte Tierhaltung und schonenden Umgang mit Ressourcen. Faire Löhne in der Landwirtschaft und eine hohe Qualität der Produkte waren ebenso vielen Befragten wichtig. Dass die Landwirtschaft schädliche Emissionen reduzieren soll, befürwortet nur gut ein Drittel.