Geld kann Leid nicht ungeschehen machen
Jugendstaatssekretärin Klebba zieht Bilanz der beiden Fonds Heimerziehung Ost und West
Leistungen von insgesamt 72 Millionen Euro für 5722 Menschen, die in Heimen in der Bundesrepublik und der DDR Unrecht erfuhren: Das ist die Bilanz der Fonds Heimerziehung Ost und West in Berlin.
»Geld- und Sachleistungen können das Unrecht und Leid nicht ungeschehen machen, das ehemaligen Heimkindern zugefügt wurde«, sagte Jugendstaatssekretärin Sigrid Klebba (SPD) am Mittwoch. Bei einer Pressekonferenz zog die Staatssekretärin Bilanz der beiden Fonds Heimerziehung, die zum Jahresende ausgelaufen waren. »Die Zuwendungen aus den Fonds können allenfalls zur Verbesserung der heutigen Lebenssituation von ehemaligen Heimkindern beitragen«, so Klebber.
Männer und Frauen, die als Kinder und Jugendliche in Heimen in der Bundesrepublik und in der DDR misshandelt wurden, konnten über die beiden Geldtöpfe Leistungen beantragen. Die Fonds »Heimerziehung in der Bundesrepublik 1949 bis 1975« und »Heimerziehung in der DDR in den Jahren 1949 bis 1990« wurden 2012 in Folge des Runden Tischs Heimerziehung vom Bund und den Bundesländern eingerichtet. Sie sollten dazu beitragen, erfahrenes Leid anzuerkennen und Folgeschäden zu bewältigen. Petra Schwarzer, ABeH
In Berlin war die Anlauf- und Beratungsstelle für Menschen mit Heimerfahrung (ABeH) mit der Aufgabe betraut worden, diese Ziele umzusetzen. An die ABeH konnten sich Betroffene wenden und Anträge für Sachleistungen bis zu einer Höhe von 10 000 Euro sowie Rentenersatzleistungen stellen.
Über den Fonds DDR-Heimerziehung wurden in Berlin im Antragszeitraum Leistungen für insgesamt 55 Millionen Euro finanziert. Das entspricht 43 Millionen für materielle Hilfsleistungen und 12 Millionen für Rentenersatzleistungen. Die Durchschnittswerte für Hilfen pro Person belaufen sich bei dem Fonds auf 9900 Euro für Materielles und 5300 Euro bei Rentenersatzleistungen.
Für den Fonds Heimerziehung West wurden in der Hauptstadt etwa 17 Millionen Euro in Anspruch genommen. Das sind 13 Millionen Euro für materielle Unterstützungen und rund vier Millionen Euro für Rentenersatzleistungen. Im Schnitt wurden pro Betroffener 9800 Euro für materielle Hilfen und 7000 Euro für Rentenersatzleistungen bezahlt.
Insgesamt haben 5722 ehemalige Berliner Heimkinder Leistungen erhalten: 4366 Personen aus dem Fonds DDR-Heimerziehung, 1356 aus dem Fonds West. Die Gesamthöhe der Leistungen beläuft sich auf 72 Millionen Euro.
Petra Schwarzer, Leiterin der ABeH, sagte, dass die Fonds im Falle Berlin gut gewirkt hätten. »Kennzeichnend für die Fonds in Berlin war, dass Betroffene von Anfang an eingebunden waren«, sagte Schwarzer. Die ABeH habe zudem einen Beitrag zur Aufarbeitung der Geschichte der Heimerziehung geleistet.
Das sieht Armin Emrich anders. Der 70-Jährige, der als Kind in einem Heim in Westberlin misshandelt wurde, berichtete am Rande der Pressekonferenz von Verfehlungen von ABeH-Mitarbeitern. »Die Beschäftigten der ABeH waren nicht ausreichend qualifiziert, um mit den oftmals hochtraumatisierten ehemaligen Heimkindern umzugehen«, sagte Emrich. Er selber habe in den Räumen der Institution verbale und physische Gewalt erfahren. »Es gab Mitarbeiter, die geprügelt haben.« Über den Fonds Heimerziehung West hat Emrich Unterstützung im Wert von 10 000 Euro erhalten. Er hofft, dass der »Treffpunkt Beratungs- und Informationsstelle für Menschen mit Heimerfahrung« als Nachfolgeprojekt der ABeH die Aufarbeitung verfehlten pädagogischen Handelns voranbringen wird.
»Kennzeichnend für die Fonds in Berlin war, dass Betroffene von Anfang an eingebunden waren.«