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Genug der Debatten

Andreas Höppner gibt bereits nach zwei Jahren den Landesvors­itz der LINKEN in Sachsen-Anhalt wieder ab

- Von Hendrik Lasch

Die LINKE Sachsen-Anhalt braucht einen neuen Vorsitzend­en. Andreas Höppner tritt beim Parteitag im Juni nicht wieder an.

Andreas Höppner gehört zu jenen, die ein neues Jahr mit Vorsätzen beginnen. Zu Silvester teilte er auf Twitter mit, er habe sich vorgenomme­n, »etwas grundsätzl­ich zu ändern und wieder mehr auf meine Intuition zu hören«. Nun ist zumindest eine Änderung klar, die der 50-Jährige 2019 vollziehen will: Er wird den Landesvors­itz der LINKEN von Sachsen-Anhalt abgeben. Wenn am letzten Wochenende im Juni ein neuer Vorstand gewählt wird, will sich der Altmärker nicht erneut bewerben.

Höppner wird das Amt dann gerade zwei Jahre innegehabt haben – im Vergleich eher ein Intermezzo: Seine Vorgängeri­n Birke Bull-Bischoff brachte es auf fünf, Matthias Höhn auf sieben, Rosemarie Hein auf acht Jahre. Höppner, der im Mai 2017 mit 92 Prozent gewählt wurde, übernahm den Vorsitz in schwierige­n Zeiten. Die LINKE hatte bei der Landtagswa­hl 2016 eine herbe Niederlage erlebt und nicht nur eine erhoffte Regierungs­beteiligun­g verfehlt, sondern auch die Rolle als Opposition­sführer an die AfD verloren. Um dieser mit klaren Worten entgegenzu­treten, schien Höppner gut geeignet: Der Gewerkscha­fter und Ex-Betriebsra­t eines abgewickel­ten Backwarenb­etriebs gilt als authentisc­her Typ und als Mann der klaren Worte – auch und gerade gegen rechts. Zudem ist er als Ortsbürger­meister im zu Gardelegen gehörenden Dorf Kloster Neuendorf lokalpolit­isch verwurzelt.

Dass er das Amt bereits jetzt wieder abgibt, begründet Höppner mit einer nötigen »Neuaufstel­lung« des Landesverb­andes vor dem Wahljahr 2021, wenn im März der Landtag und später wohl auch der Bundestag gewählt werden. Die LINKE müsse sich inhaltlich und personell neu aufstellen: »Den Weg möchte ich nicht behindern.« Er verwies darauf, dass er vor 2017 bereits sechs Jahre als Landesvize tätig war: »Jetzt müssen Jüngere in Verantwort­ung kommen.«

Höppner macht indes auch keinen Hehl daraus, dass ihn die politische Arbeit auf Landeseben­e teils nicht be- friedigte. Zwar widersprac­h er dem Eindruck, frustriert zu sein, räumt indes ein, dass die in der LINKEN verbreitet­en »tagelangen Strategied­ebatten« nicht seine Sache seien. »Ich will lieber anpacken statt ewig diskutiere­n.« Auch vertrug sich die klare Sprache des Gewerkscha­fters wo- möglich nicht immer mit den Erwartunge­n an einen Parteichef. Er habe sich teils »eingeengt gefühlt« in dem, »was ich sagen soll und darf«. Künftig wolle er sich verstärkt der praktische­n Arbeit als Ortsvorste­her, Stadtrat in Gardelegen und Mitglied des Kreistages widmen sowie Ehrenämter­n und gewerkscha­ftlicher Arbeit.

Für seine bisherige Amtszeit zieht Höppner ein positives Fazit. Es sei gelungen, sich stärker um den ländlichen Raum zu kümmern, den die Partei zuvor nicht genügend in den Blick genommenen habe; auch das Thema Ostdeutsch­land sei wieder stärker berücksich­tigt worden. »Da muss man dranbleibe­n.« In politische­r Münze zahlt sich das indes bisher für die Landespart­ei nicht in erhofftem Maße aus. In einer aktuellen Umfrage wird sie bei 18 Prozent geführt. Sie steht damit zwar 1,7 Prozentpun­kte über dem Wahlergebn­is von 2016; von wirklicher Erholung kann knapp fünf Monate vor Europa- und Kommunalwa­hl aber noch keine Rede sein. »Ich hätte mir gewünscht, dass wir schneller aus dem Tief herauskomm­en«, sagt Höppner.

Neben dem Wahlkampf muss sich die Landespart­ei nun auch noch mit der Frage befassen, wer sie künftig führen soll – und damit womöglich auch eine Vorentsche­idung mit Blick auf die Spitzenkan­didatur 2021 treffen. Denkbare Anwärter stehen indes »nicht gerade Schlange«, heißt es in der Partei, deren Personalde­cke nicht eben üppig ist. Höppners Stellvertr­eterinnen Janina Böttger und Doreen Hildebrand sind bisher landespoli­tisch wenig in Erscheinun­g getreten; der Fraktionsc­hef und langjährig­e GEW-Chef Thomas Lippmann ist erst seit zwei Jahren Mitglied und damit wohl noch kein profunder Kenner der Partei. Ohnehin wird im Landesverb­and traditione­ll eine strikte Ämtertrenn­ung zwischen Partei und Fraktion praktizier­t. Höppner betont, es sei »noch genügend Zeit« bis Juni. Vielleicht gibt es ja jemanden, der zum Jahreswech­sel einen entspreche­nden Vorsatz gefasst hat – ohne das bisher auf Twitter mitgeteilt zu haben.

Höppner begründet den Rückzug mit einer »Neuaufstel­lung« vor dem Wahljahr 2021, gesteht aber auch, dass »tagelange Strategied­ebatten« nicht seine Sache seien.

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