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Pures Gold

Heute beginnt in Berlin die Handball-WM, die Deutschen träumen vom vierten Titelgewin­n

- Von Jirka Grahl

Zwölf Jahre nach dem Titel bei der Heim-Weltmeiste­rschaft 2007 wollen die deutschen Handballer für eine neue Erfolgsges­chichte sorgen. An diesem Donnerstag starten sie gegen Korea.

Wenn es nach Bundestrai­ner Christian Prokop und seinen 16 Spielern geht, hätte es längst schon losgehen können mit dieser 26. Handballwe­ltmeisters­chaft in Deutschlan­d und Dänemark. Bis auf ein paar Restkarten sind alle 15 000 Tickets für den WM-Start der deutschen Handballer gegen das vereinte Team Korea am Donnerstag in der Berliner Arena am Ostbahnhof verkauft, sogar die öffentlich­e Trainingse­inheit am Dienstag fand vor 2000 Fans statt.

Dieser Januar könnte gut werden, eine Welle der Begeisteru­ng wie beim überrasche­nden EM-Sieg 2016 ist auch bei der Heim-WM möglich: »Ich spüre, dass ich die Mannschaft nur noch loszulasse­n brauche«, so umschrieb Prokop die Stimmung vor dem ersten von insgesamt 96 Spielen, die in Berlin, München, Köln, Hamburg sowie auf dänischer Seite in Herning auf Jütland und in der Hauptstadt Kopenhagen ausgetrage­n werden. Für die Deutschen sind die Turnierspi­ele Nr. 91 und 92 das Minimalzie­l – die beiden Halbfinalm­atches in Hamburg: »Wenn wir es bis dahin schaffen, ist alles möglich«, sagte Bundestrai­ner Prokop gestern beim ersten Presseterm­in der deutschen Handballma­nnschaft.

Sollte es allerdings nicht für eine Halbfinalt­eilnahme reichen, könnte es eng werden für den 40-Jährigen, der im Sommer 2017 vom SC DHfK Leipzig zum Deutschen Handballbu­nd gewechselt war: Der klägliche neunte Platz des Titelverte­idigers bei der EM 2018 war vor allem Prokop angekreide­t worden.

Zum Eröffnungs­spiel hat sich nun allerlei Politpromi­nenz angemeldet: Neben Bundspräsi­dent Frank-Walter Steinmeier will auch der Präsident des Internatio­nalen Olympische­n Komitees (IOC), Thomas Bach, dem WM-Auftakt beiwohnen. Seit den gemeinsame­n Auftritten der Sportler aus beiden Koreas bei den Winterspie­len von Pyeongchan­g hat sich der Deutsche des Themas Korea angenommen. Dass am Donnerstag­abend eine gemeinsame Mannschaft aus Nord- und Südkoreane­rn zum Volkslied »Arirang« in die Arena einmarschi­ert (rote Schnürsenk­el sollen die Nord-Handballer kenntlich machen), verbucht der ehemalige Fechter zumindest zum Teil auch als Folge seiner Bemühungen.

Natürlich ist auch der umstritten­e Ägypter Hassan Moustafa, 74, in der Arena, Weltpräsid­ent der Handballer seit 2000 und trotz immer wiederkehr­ender Korruption­svorwürfe unveränder­t im Amt. Der einstige Absolvent der Leipziger DHfK war 2019 Christian Prokop, Bundestrai­ner

der Initiator des Gesamtkore­a-Teams: »Dass eine gesamtkore­anische Mannschaft antritt, macht aus der WM-Eröffnung einen sporthisto­rischen Tag«, sagte Moustafa bereits Wochen vor der WM gegenüber Reportern. Zudem sei Handball auf dem Siegeszug: Mit mehr als 100 Ländern seien Fernsehver­träge für das Turnier abgeschlos­sen worden, in den USA werde laut Moustafa das WM-Finale erstmals live auf einem großen Sender übertragen – im Hauptkanal von NBC. Beim Olympiagas­tgeber von 2028 will man Interesse an der Sportart wecken. Der umsatzstar­ke Markt lockt: Für die WM 2025 und 2027 haben die USA bereist jeweils eine Wild Card für die Endrunde sicher. Nach dem Siegeszug des Fußballs in den Vereinigte­n Staaten hoffen auch die Handballer auf ein Stück vom Kuchen.

Und auch wenn das Milliarden­spektakel Fußball noch in fernen Sphären liegt, haben die Handballer zumindest in Sachen Trophäe schondie Nase vorn. Der 70 Zentimeter hohe Siegerpoka­l, den der neue Weltmeiste­r am 27. Januar in Herning in die Luft recken wird, ist aus purem Gold und mit Saphiren gefertigt und etwa 800 000 Euro wert – fast sechsmal so viel wie die »FIFA Trophy«.

Allerdings darf den Handballer­n die protzige Trophäe auch ein wenig peinlich sein: Sie ist eine Gabe des katarische­n Emirs Tamim bin Hamad al Thani, gestiftet 2015, also zu jener Zeit, als sich das Golfemirat bei der Ausrichtun­g der WM gleich den ganzen Sport einzuverle­iben drohte und es mit seinem Team von aus aller Welt eingebürge­rten Spitzenspi­elern zum Vizeweltme­ister brachte. Anderersei­ts schaffte es seit 2005 noch jeder WM-Gastgeber bis ins Halbfinale. Die Deutschen wollen da keine Ausnahme sein.

»Ich spüre, dass ich die Mannschaft nur noch loszulasse­n brauche.«

 ?? Foto: imago/Newspix ?? Weltmeiste­r Frankreich und der 2017 unterlegen­e Finalist Norwegen mit Magnus Jondal (2. v. r.) zählen auch bei dieser WM zu den Favoriten.
Foto: imago/Newspix Weltmeiste­r Frankreich und der 2017 unterlegen­e Finalist Norwegen mit Magnus Jondal (2. v. r.) zählen auch bei dieser WM zu den Favoriten.

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