Den Ski laufen lassen
Christina Geiger wird im Slalom immer besser
Auf genau solche Vorstellungen haben die deutschen Slalomfahrerinnen und ihre Trainer so lange gewartet. Christina Geiger schoss am Dienstagabend im Flutlichtrennen von Flachau den Hang hinunter, riskierte bei heftigem Schneefall viel, machte Fehler, war trotzdem schnell und belohnte sich mit einem guten sechsten Platz. »Man muss sich einfach zutrauen, den Ski laufen zu lassen«, sagte die 28 Jahre alte Allgäuerin. Im Zielauslauf hatte sie noch ungläubig mit den Händen an den Helm geklopft und den Kopf geschüttelt. Nach Jahren voller Enttäuschungen geben Geigers jüngste Rennen mal wieder etwas Grund zum Optimismus. Aber kann sie die Hoffnungen diesmal erfüllen?
»Das wollen wir von ihr sehen«, sagte Alpindirektor Wolfgang Maier vom Deutschen Skiverband (DSV). Nach einem verpatzten Saisonstart ging es für die Oberstdorferin zuletzt mit den Rängen sieben im Parallelslalom von Oslo sowie fünf und sechs bei den Torläufen in Zagreb und nun in Flachau deutlich bergauf. Schon am Semmering vor Silvester überzeugte sie, schied dann aber nach einem Fehler aus. »Sie hat Lunte gerochen«, lobte Bundestrainer Jürgen Graller: »Jetzt ist der Kampfgeist da.« Genau der schien jahrelang verloren. Die Juniorenweltmeisterin von 2010 war eines der größten Slalomtalente in Deutschland und sollte neben Maria Höfl-Riesch im Weltcup für Furore sorgen. Ein dritter Platz vor acht Jahren hätte der Beginn einer erfolgreichen Karriere sein können. Aber dazu kam es nicht: Seitdem sind ur noch drei weitere Top-5-Ränge und kein Podest zu wenig für ihr Potenzial.
An Geiger und auch an Lena Dürr, die in Flachau 15. wurde und aktuell »komplett von der Rolle ist« (Graller), verzweifelten die Trainer regelmäßig. Deshalb wollten die Verantwortlichen nach dem Nachtrennen in Flachau auch nicht in Euphorie verfallen. »Das war ein gutes Lebenszeichen«, sagte Maier. Jetzt gelte es aber, die Form bis zum nächsten Rennen Ende Januar in Maribor und vor allem bis zur Weltmeisterschaft im Februar in Are zu konservieren.
Vor allem darf Geiger ihre Unbekümmertheit und das Risiko nicht verlieren, die sie in Zagreb und Flachau nach vorne katapultiert haben und wozu sie seit Jahren von den Trainern ermutigt worden war. »Man sieht, dass es richtig ist, was wir schon immer gesagt haben«, meinte Maier. Warum sie die Ratschläge der Coaches selten umsetzen konnte, vermag Geiger nicht zu erklären. »Aber die Überzeugung ist jetzt da«, sagte sie und erinnerte selbst daran, dass sie ja bereits ganz weit vorn war im Weltcup: »Wieso sollte man das verlernen?«
Die Elite um Weltcupdominatorin Mikaela Shiffrin oder die in Flachau erstmals gegen ihre USRivalin erfolgreiche Slowakin Petra Vlhova ist freilich noch ein Stück entfernt. »Es gibt diese absolute Weltklassecrew, die fünf oder sechs, die den Slalom dominieren«, sagte Maier. »Aber dahinter ist viel Raum, und da gehört Geiger rein.« Das ist inzwischen auch ihr eigener Anspruch.