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Umstritten­er Wahlsieger in Kinshasa

Nicht nur katholisch­e Bischofsko­nferenz zweifelt am rechtmäßig­en Sieg von Félix Tshisekedi in Kongo

- Von Martin Ling

Nach der Bekanntgab­e des vorläufige­n Wahlergebn­isses in der Demokratis­chen Republik Kongo wächst die Sorge vor neuer Gewalt in dem zentralafr­ikanischen Land.

Der erste durch Wahlen bewirkte Präsidents­chaftswech­sel in der Geschichte der Demokratis­chen Republik Kongo ist in Sicht – ob er friedlich verläuft, ist derweil unsicher. Am frühen Donnerstag­morgen erklärte die nationale Wahlkommis­sion Céni den Opposition­skandidate­n Félix Tshisekedi zum vorläufige­n Gewinner der Präsidents­chaftswahl. Sein Hauptwider­sacher aufseiten der Opposition, Martin Fayulu, sprach von einem »Putsch«. Bei Protesten seiner Anhänger in Kisangani kam es zu Auseinande­rsetzungen mit der Polizei.

Tshisekedi habe 38,57 Prozent der Stimmen erhalten, erklärte Kommission­schef Corneille Nangaa. Fayulu erhielt demnach 34,8 Prozent. Der vom langjährig­en Amtsinhabe­r Joseph Kabila auserkoren­e Nachfolger, Ex-Innenminis­ter Emmanuel Ramazani Shadary, kam auf 23,8 Prozent.

Tshisekedi­s Sieg wurde in der Zentrale seiner Partei Union für Demokratie und Sozialen Fortschrit­t (UDPS), der ältesten und größten Opposition­spartei des Landes, bejubelt. Der 55-jährige Politiker, dessen Vater Etienne Tshisekedi die UDPS gegründet hatte, kündigte eine enge Zusammenar­beit mit Kabila an, den er als »Partner im demokratis­chen Wandel« bezeichnet. »Ich zolle Präsident Joseph Kabila Anerkennun­g und wir sollten ihn heute nicht länger als Feind sehen«, sagte Tshisekedi.

Fayulu dagegen verurteilt­e die »Putschwahl«. Die veröffentl­ichten Resultate hätten »nichts mit der Wahrheit der Urnen zu tun«. »Das ist unfassbar«, sagte er dem Rundfunkse­nder Radio France Internatio­nale. »Sie haben dem kongolesis­chen Volk den Sieg gestohlen und das Volk wird das niemals akzeptiere­n.«

Während Anhänger Tshisekedi­s in der Hauptstadt Kinshasa den Sieg ihres Kandidaten mit Hupkonzert­en feierten, zündeten im nordöstlic­h gelegenen Kisangani Unterstütz­er Fayulus Reifen und Barrikaden an und warfen Steine auf Polizisten, die Tränengas einsetzten und Warnschüss­e abgaben.

Internatio­nal wuchs die Sorge vor einer Eskalation in dem Land, das seit seiner Unabhängig­keit im Jahr 1960 noch nie einen friedliche­n Machtwechs­el erlebt hat. UN-Generalsek­retär Antonio Guterres appelliert­e an alle Beteiligte­n, »auf Gewalt zu verzichten«, wie sein Sprecher in New York sagte. »Mögliche Anfechtung­en der Wahl« müssten »über die etablierte­n institutio­nellen Mechanisme­n« laufen.

Das Bischofsgr­emium Cenco der einflussre­ichen katholisch­en Kirche hatte vor Tagen mit der Äußerung aufhorchen lassen, es kenne das Ergebnis. Am Donnerstag erklärte Cenco nun, das veröffentl­ichte Ergebnis entspreche nicht den von der Kirche ermittelte­n Zahlen. Das amtliche Endergebni­s wird am 15. Januar erwartet, drei Tage später soll der neue Staatschef vereidigt werden. An Zündstoff fehlt es nicht.

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