Merkels Kontrollvisite
Der griechischen Regierung könnte der Besuch der Bundeskanzlerin helfen
Der Besuch von Angela Merkel in Griechenland am Donnerstag und Freitag lässt Erinnerungen an ihre schwersten politischen Momente aufleben: Der Ausbruch der Eurozonen-Krise und die Migrationsbewegungen im Sommer 2015. In der Zwischenzeit hat sich aber einiges geändert. Griechenland ist wieder auf Kurs der wirtschaftlichen Erholung und das Verhältnis zum ehemaligen linken Widersacher und aktuellen Premierminister Alexis Tsipras hat sich gebessert. Letzterer erwartet mit Spannung den hohen Besuch, der ihm inmitten einer Regierungskrise gelegen kommt.
Während ihres Besuchs wird die Kanzlerin betonen, dass die Fortsetzung der Reformen in Griechenland zwar belastend, aber für die vollständige Erholung notwendig ist. Thema wird auch das konfliktreiche Verhältnis zum Nachbarstaat Türkei und der weitere Umgang mit Flüchtlingen sein. Merkel wird vor allem ihre Unterstützung für den Prespes-Namensvertrag bekräftigen, der derzeit im Parlament der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien diskutiert wird und nach seiner Genehmigung in Griechenland ratifiziert werden soll.
Der rechte Koalitionspartner von Tsipras, die Unabhängigen Griechen, hat in den letzten Tagen gedroht, die Regierung zu verlassen, wenn die Einigung vor dem Parlament zustande kommt. Der aktuelle Verteidigungsminister und Chef der unabhängigen Griechen, Panos Kammenos, steht gleichzeitig vor dem politischen Aus, denn seine Partei erreicht in aktuellen Umfragen zur Europawahl weniger als zwei Prozent. Ein
Die Unabhängigen Griechen drohen, die Regierung zu verlassen.
Teil der Griechen will, dass der nördliche Nachbar das Wort »Mazedonien« aus seinem Namen streicht, denn sie befürchten einen territorialen Anspruch auf die gleichnamige nordgriechische Provinz. In den letzten zwei Jahren wurden nationalistisch orientierte Kundgebungen organisiert, die den öffentlichen Druck auf die Regierung erhöhten.
Verlässt Kammenos die Regierung, droht Tsipras die Mehrheit im Parlament zu verlieren. Tsipras kündigte an, Kammenos am Freitag zu fragen, ob er die Regierung weiter unterstütze. Bei einem Nein werde er im Parlament die Vertrauensfrage stellen. Bei einer Niederlage wären vorgezogene Wahlen im Frühling vor dem eigentlich geplanten Termin im Oktober wahrscheinlich. Tsipras bekräftigte in einem Fernsehinterview am Mittwoch, dass er Premier bleiben und an der Umsetzung sozialer Programme festhalten will.
Merkel ist am Donnerstag mit Ministerpräsident Alexis Tsipras zu Gesprächen und einer Pressekonferenz zusammenkommen. Am Freitag trifft sie sich mit Präsident Prokopis Pavlopoulos, der seinerseits die Entschädigungsfrage aus dem Zweiten Weltkrieg aufbringen wird, und dem Führer der konservativen Nea Dimokratia, Kyriakos Mitsotakis, vor ihrer Abreise aus Athen. Tsipras konservativer Gegenspieler könnte so in Schwierigkeiten geraten. Bisher lehnen die Konservativen eine Namensänderung des kleinen Balkanstaats strikt ab. Einige Tage nach der Abstimmung über die Namensänderung soll die NATO-Mitgliedschaft der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien verabschiedet werden – kein einfaches Unterfangen für Mitsotakis. Merkel wird im gemeinsamen Gespräch sicherlich den Druck auf ihren politischen Partner erhöhen.