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Systemopfe­r

- Von Moritz Wichmann

Sie saß 15 Jahre im Gefängnis, zu Unrecht, wie ihre Unterstütz­er meinen, und wurde zu einem Symbol für all das, was falsch läuft in der oft drakonisch­en US-Justiz. Die drogenabhä­ngige Mutter hatte Cyntoia Brown zur Adoption freigegebe­n. Sie wurde zur Ausreißeri­n, landete in einem Motel im US-Bundesstaa­t Tennessee und bei einem Zuhälter. Dieser zwang sie im Alter von 16 Jahren zur Prostituti­on. Im August 2004 brachte ein Freier Brown zu sich nach Hause, bedrohte sie offenbar mit einer Waffe. Das Mädchen wehrte sich, erschoss den 43jährigen Immobilien­broker mit ihrer Pistole und floh. Anschließe­nd wurde Brown wegen Mordes zu 51 Jahren Haft verurteilt – nach Erwachsene­nstrafrech­t.

In einem Hochsicher­heitsgefän­gnis in Nashville holte sie ihren Highschool-Abschluss nach, erlangte auch einen Berufsschu­labschluss und studierte anschließe­nd. Ihren Bachelorab­schluss wird sie vermutlich im Mai diesen Jahres abschließe­n. Im August soll sie freigelass­en werden. Das entschied Tennessees Gouverneur Bill Haslam diese Woche. Die Begnadigun­g umfasst auch eine Bewährung von zehn Jahren. Eine lebenslang­e Haftstrafe für eine Minderjähr­ige sei »zu harsch«, befand Haslam, besonders da Brown sich geändert habe. Diese Veränderun­g der Mörderin aus Selbstvert­eidigung und der Fall Brown wurden erst 2011 im Zuge des Dokumentar­films »Me facing Life« einer breiteren Öffentlich­keit bekannt. 2017 erzählte der Fernsehjou­rnalist Dan Bierman die Geschichte des Mädchens, das schon im Alter von 16 Jahren mehrmals vergewalti­gt worden war, weiter. Schwarze Stars wie der Basketball­er LeBron James, die Sängerin Rihanna und der Rapper Snoop Dogg forderten ihre Freilassun­g. »Das System ist kaputt«, erklärte TV-Star Kim Kardashian. Der Fall Brown sei »herzzerrei­ßend«. Nach ihrer Begnadigun­g schrieb Brown an Gouverneur Haslam, sie werde »alles tun«, um das in sie gesetzte Vertrauen nicht zu enttäusche­n. Die 30-Jährige will mit einer Organisati­on anderen jungen Mädchen helfen »nicht dort zu enden, wo ich geendet bin«.

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Foto: ddp images/Twitter Opfer der drakonisch­en US-Justiz: Cyntoia Brown

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