Die Rekonstruktion nimmt Praxis und Ästhetik der Entstehungszeit auf: Vieles wird daher im 1. Akt über Pantomime erzählt.
Ballettkomponist Ludwig Minkus, in der »Bayadère« selbst übertroffen hat, führt Lars Paynes und Gavin Sutherlands Einrichtung der Originalpartitur vor Ohren. Vor Augen hatte man die Ausstattung von Jérôme Kaplan: mit hinduistischem Tempel neben dem heiligen Feuer im 1. Akt; dem Palast mit filigran durchbrochenen Wänden und Garten mit Pavillon vor rosiger Bergkulisse in Akt 2; die düster nebelhafte Ferne im Schattenreich; lichtvoll das Palastinnere im 4. Akt – inklusive Einsturz des Tempels.
Freilich nimmt eine Rekonstruktion auch Praxis und Ästhetik der Entstehungszeit auf: Vieles wird daher im 1. Akt über Pantomime erzählt, in die wie Edelsteine Tänze eingelegt sind – der wiegende Feuertanz der Pries- terinnen, die Fakirsprünge, das anmutig biegsames Solo der Bayadère Nikia. Dass sich die Tanztechnik, etwa in der Beinhöhe für die Schatten, an den Gepflogenheiten unter Petipa orientiert, versteht sich bei einer Rekonstruktion von selbst.
Quell für Ratmanskys Recherchen waren die in der Harvard University aufbewahrten Notationen der Auf- ten Solistin; dem tänzerisch und als Partner souveränen Solor des Alejandro Virelles. Durch minutiöses Aufeinander-Abgestimmtsein bestechen auch die Solisten der zweiten Premiere: Weltstar Daniil Simkin als jungenhaft frischer, tänzerisch fulminanter Solor zwischen der ungemein zierlichen Anna Ol als Gast vom Het Nationale Ballet Amsterdam als Nikia und der ebenso makellosen Ksenia Ovsyanick als Gamsatti.
Nächste Aufführung am 18. Januar, Staatsoper Berlin, Unter den Linden.