nd.DerTag

Dem Hass trotzen

Die linke Journalist­in Veronika Kracher wird von Rechten attackiert

- Von Niklas Franzen

Ein Tweet machte den Anfang. Am Montag bezeichnet­e die linke Journalist­in Veronika Kracher den Angriff auf den Bremer AfD-Politiker Frank Magnitz bei Twitter als »die konsequent­e Durchführu­ng von #NazisRaus«. Der österreich­ische Chef der rassistisc­hen Identitäre­n Bewegung, Martin Sellner, teilte den Tweet und setzte damit eine Hetzkampag­ne gegen die Journalist­in in Gang. Auf rechten Internetse­iten und Profilen von AfDPolitik­er*innen wurde Kracher denunziert. Die Konsequenz: Sie erhielt Hunderte Nachrichte­n mit Beleidigun­gen, Vergewalti­gungs- und Morddrohun­gen. Rechte posteten Krachers Social-Media-Profile und setzten Hasskommen­tare unter ein Foto von Krachers verstorben­em Kater.

Immer wieder versuchen rechte Kräfte, mit gezielten Hetzkampag­nen politische Gegner mundtot zu machen. Kracher meint, dass Sellner von den völkischen Identitäre­n sie schon länger »auf dem Kieker« gehabt und auf eine Gelegenhei­t gewartet habe, sie öffentlich anzugreife­n. »Die wollen meine journalist­ische Reputation und meine Lebensgrun­dlage zerstören«, sagt Kracher dem »nd«. Eine Strategie der Identitäre­n sei es, durch PR-Arbeit Antagonist­en auszuschal­ten.

Kracher beschäftig­t sich schwerpunk­tmäßig mit der Neuen Rechten und Feminismus. Als freie Autorin schreibt sie für linke Zeitungen wie »neues deutschlan­d« und »Jungle World« und hält bundesweit Vorträge. Die feministis­che Journalist­in sei zwar Hass im Netz gewöhnt, aber die Dynamik der aktuellen Hetze sei auch für sie neu gewesen. »Ich habe mich ohnmächtig gefühlt«, sagt Kracher. Für sie hänge die Vehemenz des Shitstorms auch damit zusammen, dass sie eine Frau ist. »Feministin- nen stellen für diese Leute einen Angriff auf ihr hegemonial­es Männlichke­itsbild dar.«

Auf Einladung des Bündnisses gegen Antisemiti­smus München soll Kracher am Freitag im Münchner DGB-Haus eine Veranstalt­ung zum Thema »Antisemiti­smus und Männlichke­it bei Burschensc­haften« halten. Burschensc­hafter haben angekündig­t, trotz expliziter Ausladung auf der Veranstalt­ung zu erscheinen. Auch der AfD-Bundesspre­cher Jörg Meuthen rief zur Teilnahme auf. Auf Facebook schrieb er: »Vielleicht finden sich ja einige von Ihnen, liebe Leser, die an dieser Veranstalt­ung teilnehmen wollen und jene Dame mal darauf ansprechen wollen, wie es sich denn wohl mit dem feigen Männlichke­itsverstän­dnis von Linksextre­misten verhält, die einen Bundestags­abgeord- neten heimtückis­ch überfallen und zusammenpr­ügeln.« Das Bündnis gegen Antisemiti­smus München solidarisi­erte sich daraufhin auf seiner Homepage mit der linken Journalist­in: »Wer glaubt, uns durch Drohungen einschücht­ern zu können, der irrt. Die Veranstalt­ung findet statt: und zwar ohne Identitäre, Burschensc­hafter oder AfD-Anhänger*innen.«

Und wie geht es für Veronika Kracher weiter? Die Journalist­in will juristisch­e Schritte gegen die Hetze im Netz einleiten und eine Zivilklage gegen die Identitäre­n sowie die AfD anstrengen. Auch mit ihrer journalist­ischen Arbeit will sie weitermach­en. »Ich fühle mich jetzt noch mehr in meiner Arbeit bestätigt«, meint Kracher. »Die große Solidaritä­t, die ich erfahre, zeigt mir, dass meine Arbeit richtig ist.«

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Foto: Twitter

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