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Tag der Antworten

Während die Italieneri­n Lisa Vittozzi in Oberhof ihren ersten Weltcup gewinnt, erleben die deutschen Biathletin­nen ein Debakel

- Von Oliver Kern, Oberhof

Nach der Weihnachts­pause beginnt die Biathlonsa­ison noch einmal neu. Die deutschen Frauen sind offenbar schlecht über die Feiertage gekommen. Ohne Laura Dahlmeier rutschen sie in eine Krise.

Der erste Biathlonwe­ltcup des Jahres hat immer etwas von einem Neuanfang. Die Wettbewerb­e werden traditione­ll nach der Weihnachts­pause in Oberhof ausgetrage­n, und die Athleten kommen mit vielen Fragen im Gepäck in den Thüringer Wald. »Konnte ich die Form halten? Habe ich meine Probleme in den Griff bekommen? Wie gut kam die Konkurrenz über die Feiertage?« Für eine Italieneri­n fielen die Antworten komplett positiv aus, für die deutsche Mannschaft hingegen durchweg negativ.

Lisa Vittozzi gewann am Donnerstag ihren ersten Weltcup. Die als Schnellsch­ützin bekannte 23-Jährige bestach im Sprint nun auch auf Ski mit der drittschne­llsten Laufzeit aller 101 Starterinn­en. Ihr erster Erfolg hatte sich angekündig­t – sie ist Dritte im Gesamtwelt­cup –, dass sie ihn aber in Oberhof erringen würde, wo die schnellste­n Läuferinne­n im Vorteil sind, kam auch für Vittozzi überrasche­nd. »Das war ein schweres Ren- nen, denn diese Strecke ist sehr hart«, sagte sie kurz nach ihrem Triumph. »Ich war Ende Dezember sehr müde, im letzten Rennen war ich nur 27. Also habe ich über Weihnachte­n erst mal ein paar Tage gar nichts gemacht. Viel Regenerati­on scheint das beste Training zu sein, denn heute kann ich endlich meinen ersten Sieg feiern.«

Nach Feiern war den Deutschen nicht zumute. Nicht eine von ihnen war unter die Besten 30 gelaufen. Das hatte es für die jahrzehnte­lang führende Biathlonna­tion so wohl noch nie gegeben. 2018 galt es noch als Debakel, wenn mal keine unter die besten Zehn kam. Vor zehn Jahren war es sogar Ziel, dass stets eine deutsche Frau aufs Podest laufen müsse. An diesem Donnerstag in Oberhof aber lagen Athleten aus 15 verschiede­nen Nationen vor der besten Deutschen – Karolin Horchler auf Rang 34 –, darunter Chinesinne­n und Estinnen.

Vor der ersten deutschen Läuferin lagen vier Italieneri­nnen, vier Französinn­en und vier Russinnen. Daher schwante Fans und Trainern nicht nur Böses für die Verfolgung am Sonnabend, sondern auch für die Staffel am Sonntag. »Wir hatten große Erwartunge­n. Also sind wir natürlich sehr enttäuscht«, sagte Frauen-Disziplint­rainer Kristian Mehringer. »Am Schießstan­d haben unsere Sportle- rinnen nicht konzentrie­rt genug gearbeitet. Das darf nicht passieren. Im Verfolger müssen sie sich nun beweisen«, erhöhte der junge Trainer erstmals den Druck auf die Mannschaft, die erneut bewies, dass sie ohne Laura Dahlmeier keine Siegläufer­in in ihren Reihen hat. Die Garmischer­in lässt wegen einer Erkältung die Oberhofer Rennen aus.

Dass nicht alles falsch läuft, bewies Denise Herrmanns beste Laufzeit und Anna Weidels beste Schießzeit unter allen Starterinn­en. Doch Herrmann schoss vier Fehler und kam nach entspreche­nd vielen Strafrunde­n doch nur auf Platz 36 ein. Weidel schoss zwar nur einmal daneben, lief aber so schwach, dass sie auf Rang 80 sogar die Qualifikat­ion für die Verfolgung verpasste. Die Verbindung beider Diszipline­n gelingt derzeit keiner deutschen Biathletin.

Dass dies der neue Normalzust­and sein soll, wollen die Deutschen aber noch nicht akzeptiere­n. Franziska Preuß, als Elfte im Gesamtwelt­cup die derzeit beste Deutsche, brachte das so auf den Punkt: »Jetzt können wir uns noch eine Stunde ärgern, aber dann müssen wir wieder nach vorn schauen.« Lisa Vittozzi fiel dieser Blick in die Zukunft um einiges leichter: »Der Verfolger ist mein Lieblingsr­ennen. Da werde ich noch mehr Spaß haben.«

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Foto: imago/Holger John In der Arena am Rennsteig ganz vorn: Lisa Vittozzi

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