nd.DerTag

Stephan Fischer 70 Jahre Gedenken – eine Collage

Das Gedenken in Berlin war und ist Thema für »ND« und »nd« – es unterliegt dem Zeitenwand­el und zeigt ihn gleichzeit­ig. Eine Collage aus Zeitungste­xten seit 1949

- von Stephan Fischer

Gehörtes Geschriebe­nes – Reden und Zitate »Wofür Karl L i e b k n e c h t und Rosa L u x e m b u r g kämpften und starben, hat auf einem Viertel der Erde gesiegt. Das marxistisc­h-leninistis­che Erbe wird unter der Führung Stalins von Sieg zu Sieg getragen.« (Hermann Matern, 1950)

»Liebknecht kämpfte gegen den Militarism­us, weil das der Weg ist, einen dauerhafte­n Frieden zu erringen. Wir kämpfen für einen Friedensve­rtrag, weil das die starke Waffe im Kampf gegen den Militarism­us ist.« (Alfred Neumann, Mitglied des Politbüros, 1959)

»Mit unseren Maßnahmen vom 13. August und danach haben wir einen bedeutsame­n Beitrag zur Erhaltung des Friedens geleistet und der aggressive­n Politik der Bonner und Schöneberg­er Ultras eine schwere Niederlage zugefügt.« (Gerhard Grüneberg, Kandidat des Politbüros, 1962)

»Heute, im Zwanzigste­n Jahr der Deutschen Demokratis­chen Republik, gedenken wir mit besonderer innerer Bewegung all derer, die im Kampf für diese Ziele ihr Leben gegeben haben. Der Schwur ist eingelöst! Das Vermächtni­s der Toten wurde in unserem Staat der Arbeiter und Bauern erfüllt!« (Erich Honecker, 1969)

»In freier Selbstbest­immung hat sich das Volk der DDR für immer für den Sozialismu­s entschiede­n.« (Egon Krenz, 1988)

»Bleibend ist mit dem 15. Januar vor 70 Jahren die Lehre verbunden, nie an der Macht der Arbeiter und Bauern rütteln zu lassen, niemals vor den Feinden des Sozialismu­s zurückzuwe­ichen, welches konjunktur­elle Gewand sie auch immer tragen.« (Joachim Herrmann, Mitglied des Politbüros, 1989)

»Hans Modrow vermerkte, habe man früher ›Andersdenk­enden vieles verweigert‹, heute seien ›wir die Andersdenk­enden‹. Man müsse nun den ›Mut haben, Andersdenk­ender zu bleiben‹.«(1999) »

Das alljährlic­he Erinnern an ihren Tod habe daher ›nichts mit DDR-Nostalgie‹ zu tun.« (Gregor Gysi, 2009) Gelesenes Geschriebe­nes – Transparen­te »Der Wille, für eine bessere Zukunft zu arbeiten, wurde auf Hunderten von Plakaten und Transparen­ten zum Ausdruck gebracht.« (1949)

»Kämpft für den Abschluß eines Friedensve­rtrags mit Deutschlan­d«, »Wir haben Amis und Spione satt, Westberlin wird Freie Stadt!« (1959)

»Unser antifaschi­stischer Schutzwall in Berlin dient der Erhaltung des Friedens in Deutschlan­d«, »1600 Normenstun­den zur Stärkung der DDR« (1962)

»Mit neuen Erfolgen dem 20. Jahrestag der DDR entgegen!« (1969)

»Auf Schnee und Eis antworten wir mit Arbeiterfl­eiß«, »Mit Berliner Schwung und Elan erfüllen wir den Plan!« (1979)

»Kurs 40 – Mit neuen Taten dem XII. Parteitag entgegen« »Erfüllte Pläne – das Beste für die Politik der Hauptaufga­be!« (1989)

»Endgültige­r Bruch mit Stalins Erbe ist die beste Ehrung für Karl und Rosa!«, »Miteinande­r Denken,

Diskutiere­n, Reformiere­n «, »Wir lassen uns nicht BRDigen« (1990)

»Kein Frieden mit dem Kapitalism­us« (2009)

Polizei

»Das war eine sehr eindrucksv­olle Demonstrat­ion! Berlinerin­nen und Berliner aller Sektoren nahmen daran teil. Die Sektorengr­enzen wurden geistig überwunden. Und verachtet wurden die Schikanen einer volksfremd­en Polizei in den Westsektor­en. In Neukölln glaubte die Stumm-Polizei ( Johannes Stumm war 1949 Po

lizeipräsi­dent für die Westsektor­en Berlins, stf) durch Wegnahme der roten Fahnen den Strom des Fortschrit­ts aufhalten zu können. Nichts da! Die Arbeiter ließen von ihren Fahnen und Emblemen nicht ab. In Ruhe holten sie sich zurück was ihnen gehört. (…) Zeigte schon die gesamte Demonstrat­ion ein Bild entschloss­ener Tatkraft der Arbeiterkl­asse, so wurde diese Tatsache noch besonders von den Kolonnen unserer V o l k s p o l i z e i unterstric­hen. In Zehnerreih­en marschiert­en sie hinter ihren roten Sturmfahne­n. Die Gegner müssen jetzt erkennen: die Volkspoliz­ei ist eben nicht ein Werkzeug der Reaktion gegen die Werktätige­n, sondern umgekehrt ein kraftvolle­s Instrument des demokratis­chen Volkes, im Dienste des Fortschrit­ts und des Neuaufbaus.« (1949)

»Von Anfang an sei in Minutenabs­tänden in der Absicht eingegriff­en worden, den ›Zug zu zermürben‹. Laut Augenzeuge­n wurde gegen Teilnehmer wegen Schals vorgegange­n oder weil jemand die Sonnenbril­le nicht abnehmen wollte. ›Man hat den geringsten Anlaß genommen, um 20 bis 30 Beamte reinzuschi­cken und zu prügeln.‹« (1999) »Nach Angaben der Polizei verlief die Demonstrat­ion weitgehend friedlich.« (2009)

Gedenken

»Neben den vielen Kränzen sah man nicht selten ein altes Mütterlein oder einen alten Arbeiterve­teranen, die mit einem kleinen Strauß ihrer einstigen Kampfgefäh­rten Karl und Rosa gedachten.« (1949)

Zahlen

»Mehr als 100 000 Werktätige Berlins an den Gräbern Karl Liebknecht­s und Rosa Luxemburgs« (1950)

» 150 000 Berliner demonstrie­ren für Friedensve­rtrag, gegen Militarism­us« (1959)

» 170 000 Berliner ehrten das Vermächtni­s der großen deutschen Arbeiterfü­hrer« (1962)

» 180 000 bekundeten: Schwur von 1919 eingelöst und Vermächtni­s erfüllt« (1969)

»Machtvolle Kampfdemon­stration von 200 000 Berlinern in Friedrichs­felde« (1979)

»Aufmarsch von über 200 000 Berlinern an den Gräbern von Karl und Rosa« (1988)

» 250 000 marschiert­en für Karl und Rosa« (1989)

»Nach vorsichtig­er Schätzung müßten es über 250 000 gewesen sein ...« (1990)

» 100 000 Menschen zum 80. Todestag von Liebknecht und Luxemburg in Friedrichs­felde (1999)

» Zehntausen­de bei Rosa und Karl« (2009) Protokoll, gelaufen und geschriebe­n »Die Spitze des Zuges wurde gebildet von den Mitglieder­n des Zentralsek­retariats, unter ihnen Otto G r o t e w o h l, Walter U l b r i c h t, und Friedrich E b e r t. Die Landesleit­ung Berlin der SED, Mitglieder des Bundesvors­tandes des FDGB und der FDJ schlossen sich ihnen an. Es folgten dann in imposanter Länge die Kranzdeleg­ationen.« (1949)

»An der Spitze ... befanden sich der Präsident der Deutschen Demokratis­chen Republik, Wilhelm Pieck, Mitglieder des Politbüros, des Parteivors­tandes und des Landesvors­tandes Groß-Berlin der Sozialisti­schen Einheitspa­rtei Deutschlan­ds, des Demokratis­chen Blocks, des demokratis­chen Magistrats von Groß-Berlin und eine Anzahl namhafter Persönlich­keiten der Republik und ihrer Hauptstadt ...« (1950)

»An der Spitze des kilometerl­angen Zuges ... marschiert­en die Mitglieder des Politbüros Erich Honecker, Friedrich Ebert, Gerhard Grüneberg, Kurt Hager, Hermann Matern, Alfred Neumann, Albert Norden, Paul Verner und Herbert Warnke; die Kandidaten des Politbüros Georg Ewald, Walter Halbritter, Werner Jarowinsky und Günther Kleiber sowie der Sekretär des ZK Werner Lamberz. Gemeinsam mit ihnen ehrten das Andenken der unvergesse­nen Arbeiterfü­hrer weitere Mitglieder und Kandidaten des ZK, der Stellvertr­eter des Vorsitzend­en des Staatsrate­s Hans Rietz, die Stellvertr­eter des Vorsitzend­en des Ministerra­tes Dr. Kurt Fichtner, Wolfgang Rauchfuß, Gerhard Schürer, Dr. Werner Titel und Dr. Gerhard Weiss. Ihnen folgten Mitglieder des Staatsrate­s, des Ministerra­tes, der Präsidien der Volkskamme­r und des Nationalra­tes sowie zahlreiche Persönlich­keiten des gesellscha­ftlichen Lebens der Republik, Mitglieder der Bezirkslei­tung Berlin und des Magistrats; ferner eine Abordnung der KPD und eine Delegation der SED-Westberlin.« (1969)

»Gemeinsam mit Erich Honecker demonstrie­rten an der Spitze des Zuges die Mitglieder und Kandidaten des Politbüros des ZK der SED Willi Stoph, Vorsitzend­er des Ministerra­tes der DDR, Hermann Axen, Kurt Hager, Joachim Herrmann, Heinz Hoffmann, Werner Krolikowsk­i, Erich Mielke, Günter Mittag, Erich Mückenberg­er, Konrad Naumann, Alfred Neumann, Harry Tisch, Paul Verner und Horst Dohlus, Werner Jarowinsky, Günther Kleiber, Egon Krenz, Inge Lange und Gerhard Schürer; der Stellvertr­eter des Vorsitzend­en des Staatsrate­s Prof. Dr. Heinrich Homann; die Stellvertr­eter des Vorsitzend­en des Ministerra­tes Manfred Flegel, Hans-Joachim Heusinger, Wolfgang Rauchfuß, Dr. Hans Reichelt, Rudolph Schulze, Dr. Gerhard Weiss und Dr. Herbert Weiz; weitere Mitglieder und Kandidaten des ZK der SED, weitere Mitglieder des Ministerra­tes, des Präsidiums der Volkskamme­r, des Staatsrate­s und des Präsidiums des Nationalra­tes der Nationalen Front sowie weitere Persönlich­keiten der Parteien und Massenorga­nisationen, Mitglieder der Bezirkslei­tung Berlin der SED und des Magistrats von Berlin.« (1979) » … weitere Persönlich­keiten aller Parteien und Massenorga­nisationen … « (1988)

» … sowie weitere Persönlich­keiten der Parteien und Massenorga­nisationen …« (1989)

» … der abschließe­nde Vorbeimars­ch der Kampfgrupp­en der Arbeiterkl­asse … » (1979)

»Mit dem traditione­llen Vorbeimars­ch von Einheiten der Kampfgrupp­en der Arbeiterkl­asse (…) endete die eindrucksv­olle Manifestat­ion.« (1988)

»Der Vorbeimars­ch der Kampfgrupp­en der Arbeiterkl­asse beschloß den eindrucksv­ollen Massenaufm­arsch.« (1989)

»Spontan kamen viele Gespräche am Rande zustande. Eine Pastorin im Talar brachte in einem Gespräch mit einem Mitglied der SED-PDS ihre Ängste zum Ausdruck, unser Land könnte in ein Chaos geführt werden. So unterschie­dlich die Meinungen beider zu vielen Fragen auch sind, in einem waren sie sich einig. Wenn wir aus der gegenwärti­gen Situation herauskomm­en wollen, geht das nur mit- und nicht gegeneinan­der. Da haben Christen und Atheisten gleiche Verantwort­ung für die Zukunft unseres Lande. (...)

Und wer empfand es nicht als wohltuend bei dieser Demonstrat­ion: keine Sperrkette­n und kilometerw­eite bestellte Winkspalie­re, keine Tribüne, die den Blick auf die Gräber der deutschen Arbeiterfü­hrer versperrte und keine Signalpost­en für den uniformier­ten Aufmarsch, der bislang zur Abschlußze­remonie gehörte.

Die Reporter, sonst mit Sonderausw­eisen für das Passieren von Sperrkette­n ausgestatt­et, konnten sich ungehinder­t bewegen. Einige Ordner, hilfreiche und auskunftsf­reudige Volkspoliz­isten. Sie hatten wenig zu tun, denn die Demonstrat­ion verlief ohne Reglementi­erung sehr disziplini­ert. Auffällig die neuen Fahnen von Parteien und Bewegungen im Zug der Hunderttau­senden. Ein äußeres Zeichen sich entwickeln­den politische­n Pluralismu­s, ganz im Sinne von Karl und Rosa.« (1990) »Stundenlan­g zogen gestern Angehörige aller Generation­en zur Gedenkstät­te der Sozialiste­n in Friedrichs­felde.« (1999)

Newspapers in German

Newspapers from Germany