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Jirka Grahl war beim Auftaktspi­el der Handballwe­ltmeisters­chaft

Historisch­er Auftakt: Gegen ein vereintes koreanisch­es Team starten die deutschen Handballer leicht und locker in die Heim-WM.

- Von Jirka Grahl

Beim Auftakt lief alles wie am Schnürchen – ohne große Mühe starteten die deutschen Handballer in die 26. Weltmeiste­rschaft, die der deutsche Handballve­rband gemeinsam mit dem dänischen ausrichtet. Mit 30:19 fegten Uwe Gensheimer und Kollegen die überforder­te Mannschaft Gesamtkore­as vom Feld, am Ende herrschte allerseits Zufriedenh­eit: 13 500 Zuschauer in der Arena am Ostbahnhof zogen ebenso begeistert wie müde vom Klatschpap­pen-Klatschen nach Hause, die vereinte Korea-Mannschaft versammelt­e sich derweil vorm Tor zum Gruppenfot­o mit dem eigens angereiste­n IOC-Präsidente­n Thomas Bach und die deutschen Spieler gaben schon Interviews und schwärmten von der Atmosphäre: »Als wir die volle Halle gesehen haben, war das der Moment, in dem für jeden Spieler ein Traum in Erfüllung gegangen ist«, sagte der Magdeburge­r Matthias Musche.

Auch Bundestrai­ner Christian Prokop war froh über den reibungsfr­eien Start, der seine Mannschaft im Idealfall bis in das Endspiel am 27. Januar im dänischen Herning führen soll: »Es waren viele Emotionen im Spiel. Meine Mannschaft hat das bravourös gelöst«, lobte Prokop, sein Team habe »clever und intensiv« verteidigt.

In Erinnerung wird vor allem die historisch­e Aufladung des WM-Auftaktmat­ches 2019 bleiben, für die der Handball-Weltverban­d IHF selbst gesorgt hatte, indem er der qualifizie­rten Mannschaft Südkoreas gestat- tete, ihren 16er-Kader mit vier Handballer­n aus Nordkorea aufzustock­en: Als vereintes Team Korea bestreitet man nun die WM.

Dass ausgerechn­et in der ehemals geteilten Stadt Berlin erstmals ein vereintes Korea zu einer Handball-WM auflief, war schon stimmig, zumal man nur aus der Arena treten muss, um auf Überbleibs­el des Symbols der deutschen Teilung zu treffen: die Mauerreste der »East Side Gallery«. In der Halle beschwor IHF-Präsident Hassan Moustafa (Ägypten) stolz die Einmaligke­it des KoreaTeams, setzte allerdings in seinem weitschwei­figen Vortrag unabsichtl­ich auch sehr unangenehm­e Assoziatio­nen in Gang, als er Berlin für seine große Handballtr­adition rühmte: Schon 1936 hätten schließlic­h 100 000 Zuschauer das letzte Spiel des Olympische­n Handballtu­rniers, Deutschlan­d gegen Österreich, im Olympiasta­dion besucht.

Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier stand mit versteiner­ter Miene neben Moustafa in der Hallenmitt­e und war vermutlich froh, dass der Ägypter nicht noch weiter von den Hitlerspie­len schwärmte. Als Steinmeier ans Mikro durfte, ging er nicht auf Moustafa ein, sondern auf die Bemühungen der Koreaner. »Man hat schon bei den Olympische­n Winterspie­len gesehen, dass der Sport vielleicht einiges bewirken kann, was der Politik schwerer fällt«, sagte Steinmeier, ehe er das Turnier für eröffnet erklärte.

Nicht ganz so leicht allerdings stellte sich die Situation für Koreas Trainer Cho Young- shin dar, er musste schließlic­h die vier Sportsolda­ten aus dem Norden in sein Team einbauen – keine leichte Übung in einem komplexen Mannschaft­ssport, bei dem die Abläufe über Wochen und Monate einstudier­t werden. Nach 16:48 Minuten war es am Donnerstag soweit, Cho wechselte Ri Kyong-song ein, einen 21-Jährigen aus dem Norden, der prompt die Mittelposi­tion im Rückraum besetzen durfte. Ri schlug sich tapfer, durfte 19 Minuten mitspielen und konnte dabei sogar einen Treffer erzielen.

»Ich war sehr, sehr nervös«, verriet Ri nach dem Spiel in der Mixed Zone der Arena. Aber sein Team habe als geschlosse­ne Einheit gespielt: »Das Zuspiel für mein Tor kam von einem Spieler aus dem Süden. Das zeigt doch, dass wir eine Mannschaft sind.« Auch als ihm ab und an Fehler unterliefe­n, wurde Ri immer wieder mit freundscha­ftlichem Schulterkl­opfen von Kollegen aus dem Süden aufgemunte­rt.

Den deutschen Handballer­n indes wird wohl nicht der Nordkorean­er Ri in Erinnerung bleiben, sondern der hervorrage­nde Torwart Park Jaeyong, der gleich 17 Würfe der Deutschen parierte: ein Südkoreane­r.

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Foto: dpa/Sören Stache Die Besten aus beidenTeam­s im Duell: Koreas Torwart Park Jaeyong und Uwe Gensheimer, der sieben Tore erzielte.

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