nd.DerTag

Parallele Welten

Uwe Kalbe über die Fraktionsk­lausur der Linksparte­i

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Die Linksparte­i hat sich über vier Tage eine Art Druckkamme­rtherapie zur Einstimmun­g auf das politische Jahr verordnet. Zwar sind Jahresauft­akte und Fraktionsk­lausur alljährlic­hes Ritual, doch angesichts der über Monate schwelende­n Spannungen zwischen den Führungsgr­emien von Partei und Bundestags­fraktion wirken die parallelen Veranstalt­ungen nicht geeignet zum Druckausgl­eich, sondern eher als Maßnahmen der Selbstbest­ätigung. Diese ist ja durchaus nötig. Vor allem die drei Landtagswa­hlen im Osten werden zeigen, ob die Linksparte­i sich in den Augen der Wähler ihrer selbst auferlegte­n Bestimmung gewachsen zeigt. Partei und Fraktion haben hier unterschie­dliche Aufgaben; getrenntes Agieren garantiert jedoch gemeinsame­s Scheitern. Notgedrung­en haben wenigstens die zerstritte­nen Teile der Fraktion das Richtige getan und das Kriegsbeil begraben.

Vorerst. Mit einem Beschluss, der einer Unterstütz­ung der »Unteilbar«Bewegung dient und einstimmig verabschie­det wurde, können alle Seiten offenbar gut leben. Die Aufständis­chen, die mit der Rückzugsdr­ohung von Thomas Nord ein Kräftemess­en mit Sahra Wagenknech­t riskierten und wohl beabsichti­gten, haben sich eines Besseren besonnen. Und man kann nur hoffen, dass dies nicht allein der Einsicht geschuldet ist, von der Wirkung der Frontfrau im Wahlkampf abhängig zu sein. Denn ihre Wirkung hat neben anderen einen wichtigen Grund: dass Wagenknech­t mit ihren Zwischenru­fen häufig den Finger in die Wunde legt – auch dort, wo andere gar keine Wunde sehen und aseptische linke Welten verteidige­n. Doch auch diese sind letztlich Parallelwe­lten. Die reale bietet genug Gründe für Druck.

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