nd.DerTag

Kuddelmudd­el auf der Rückseite

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Hast du in den letzten Tagen die Pink-FloydPlatt­e »The Dark Side of the Moon« aufgelegt? Nein, schon länger nicht mehr.

Die Landung der chinesisch­en Sonde auf der Mondrückse­ite wäre ein Anlass gewesen.

Na ja, der Mond hat ja eigentlich gar keine dunkle Seite.

Ja, wenn man es ganz genau nimmt … … dann muss man sagen: Der Mond dreht sich so um seine eigene Achse, dass er der Erde immer die gleiche Seite zuwendet. Je nach Himmelsbew­egung ist mal die eine, mal die andere Mondseite im Sonnenlich­t. Bei einer Sonnenfins­ternis steht der Mond zwischen Erde und Sonne, dann beispielsw­eise ist die angeblich dunkle Seite die helle.

Was hat diese Landung auf der erdabgewan­dten Seite ...

So müsste es korrekt heißen, aber weil die meisten Leute, die heute in den Medien arbeiten, mit der Platte von Pink Floyd groß wurden, reden sie von der dunklen Seite – the dark side.

Welchen wissenscha­ftlichen Wert hat diese jüngste Landung? Oder geht es vor allem ums Prestige? Bei den Raumfahrtp­rogrammen der Großmächte waren immer Machtdemon­stration und Angeberei im Spiel. Nach dem Motto: Schaut her, das können wir – und wir könnten auch was ganz Anderes auf die Rakete packen. Das ist Schema des Kalten Krieges. Wie es aussieht, kommen wir gerade in einen neuen Kalten Krieg, mit anderen Akteuren. Mal sehen, wie die USA auf die ehrgeizige­n chinesisch­en Pläne antworten. Worin bestand die Schwierigk­eit bei der jüngsten Mondlandun­g?

In der Landung und der Kommunikat­ion. Zur erdabgewan­dten Seite gibt es keine direkte Funkverbin­dung, das läuft über einen Satelliten, der um den Mond kreist und als Funkrelais dient. Für die Navigation des Mondmobils dauert das zu lange, das muss wie die Marsrover der Amerikaner automatisc­h fahren.

Was kann man auf der abgewandte­n Seite erforschen, was vorne nicht geht?

Man sieht dort andere Sachen. Die Rückseite ist wesentlich zerklüftet­er. Der Mond muss mal eine Tektonik gehabt haben, also ein Stück flüssigen Kern. Und der hat, vielleicht in Zusammenha­ng mit der Gravitatio­n der Erde, auf der von uns abgewandte­n Seite mehr Kuddelmudd­el verursacht als auf der uns zugewandte­n Seite.

Wie muss man sich das sogenannte Mondgestei­n vorstellen, das jetzt auch China auf die Erde bringen und untersuche­n will? Wirklich steinhart oder eher so wie Erde?

Oben drauf ist eine dicke Staubschic­ht, darunter hartes Gestein. Mit Gartenerde ist nix, die entsteht auf der Erde durch Verwitteru­ng unter Wettereinf­luss. Der Mond hat keine Atmosphäre, also auch kein Wetter. Da verwittert nichts.

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Aus: FAZ, taz, Süddeutsch­e Zeitung, Berliner Zeitung; Foto: dpa/Helmut Fohringer
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Foto: nd/Ulli Winkler Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist Wissenscha­ftsredakte­ur des »nd« und der Universalg­elehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantworte­t er eine andere.Wolfgang Hübner fragte ihn nach dem Mond.

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