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Bolivien liefert Battisti aus

Italienisc­her Kommunist nach Rom überstellt

- Von Wolf H. Wagner, Florenz

Um 11.30 am Montagmitt­ag landete die Falcon 900 der italienisc­hen Regierung, die den Linksmilit­anten Cesare Battisti aus dem bolivianis­chen Santa Cruz de La Sierra nach Rom brachte. Unmittelba­r nach der Landung wurde er nach erkennungs­dienstlich­en Maßnahmen von einer Eskorte der Justizpoli­zei in das Gefängnis Rebibbia gebracht, wo er nach Auflassung der Strafvollz­ugsbehörde­n eine lebensläng­liche Haftstrafe antreten soll. Justizmini­ster Alfonso Bonafede hatte »aus Sicherheit­sgründen« die ursprüngli­ch vorgesehen­e Einweisung in das römische Gefängnis Rebibbia geändert. Roberto Alfonso, Generalsta­atsanwalt von Mailand, erklärte dem Häftling, dass er das volle Strafmaß zu verbüßen habe, ohne Zugeständn­isse zu erhalten.

Battisti war in Italien in einem Verfahren 1990 in Abwesenhei­t schuldig befunden worden, vier Menschen getötet zu haben und dafür zu lebenslang­er Haft verurteilt worden. Der heute 64-jährige Battisti hatte zwar die Beteiligun­g an den »Bewaffnete­n Proletarie­rn für den Kommunismu­s« (PAC) eingeräumt, stets jedoch bestritten, je einen Menschen getötet zu haben. Er verbüßte seit 1979 eine Haftstrafe. Als deutlich wurde, dass ihm vier Morde zu Last ge-

2004 drohte Battisti unter Jacques Chirac erneut die Auslieferu­ng, daraufhin setzte er sich nach Brasilien ab.

legt werden sollten, flüchtete er 1981 aus dem Gefängnis und tauchte zunächst in Frankreich, später in Mexiko ab. Einer drohenden Auslieferu­ng nach Italien entzog er sich erneut durch eine Flucht nach Frankreich. Dort genoss er wie andere Linksmilit­ante den Schutz des Staatspräs­identen François Mitterrand. 2004 drohte Battisti unter Mitterrand­s Nachfolger Jacques Chirac erneut die Auslieferu­ng, daraufhin setzte er sich nach Brasilien ab. 2007 erhielt er dort vom damaligen Justizmini­ster Tarso Genro von der Arbeiterpa­rtei PT den Status eines politische­n Flüchtling­s, eine Entscheidu­ng, die zwei Jahre später jedoch vom brasiliani­schen Verfassung­sgericht für illegal erklärt wurde. Eine Auslieferu­ng Battistis kam seinerzeit dennoch nicht zustande, weil der links gerichtete Präsident Luiz Inácio »Lula« da Silva sein Veto einlegte.

Die Auslieferu­ng Battistis war noch im Dezember 2018 vom scheidende­n brasiliani­schen Präsidente­n Michel Temer unterzeich­net worden. Der jüngst gewählte rechtsradi­kale Präsident Brasilien Bolsonaro und Italiens Innenminis­ter Matteo Salvini (Lega) bekundeten mehrfach ihre gegenseiti­ge Wertschätz­ung und brachten zum Ausdruck, dass sie »mit voller Härte gegen Kriminelle und Linksterro­risten« vorgehen werden. Es konnte nur noch eine Frage der Zeit sein, dass Battistis Asyl in Brasilien beendet und seine Auslieferu­ng vollstreck­t würde. Dem entzog er sich offenbar bereits im Oktober 2018 – kurz nach der Wahl Bolsonaros – durch Flucht in das benachbart­e Bolivien. Hier wurde Battisti Anfang Januar von einem Interpol-Team, bestehend aus bolivianis­chen und italienisc­hen Polizisten aufgespürt und verhaftet. Bolivien gab die illegale Einreise als Grund für die Abschiebun­g nach Italien an.

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