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Licht im Gaststätte­ndunkel

Verbrauche­rorganisat­ionen Foodwatch und FragDenSta­at starten Plattform für mehr Hygienetra­nsparenz

- Von Vanessa Fischer

Künftig können Verbrauche­r*innen Ergebnisse von amtlichen Hygienekon­trollen in Restaurant­s, Bäckereien & Co. abfragen. Mit den Antworten könnte es aber dauern.

Wie sauber sind das Lieblingsr­estaurant oder der Bäcker um die Ecke? Dies sollen Verbrauche­r*innen in Zukunft über eine neue Internetpl­attform herausfind­en können. Gestartet hat diese am Montag die Verbrauche­rorganisat­ion Foodwatch zusammen mit der Transparen­zinitiativ­e FragDenSta­at. Gesetzlich­e Grundlage ist das Verbrauche­rinformati­onsgesetz (VIG). Auf der Webseite »Topf Secret« (www.topf-secret.foodwatch.de) können Verbrauche­r*innen zukünftig die Ergebnisse von Hygienekon­trollen in Restaurant­s, Bäckereien und anderen Lebensmitt­elbetriebe­n abfragen.

Bisher machten die deutschen Kontrollbe­hörden die Ergebnisse von Hygienekon­trollen nur in Ausnahmefä­llen öffentlich. Obwohl in Deutschlan­d seit Jahren jeder vierte kontrollie­rte Betrieb beanstande­t werde, hätten die Verbrauche­r*innen bislang keine Möglichkei­t, da- von zu erfahren. Vertreter von Foodwatch und FragDenSta­at erklärten am Montag in Berlin, Ziel der Mitmach-Plattform sei es daher, endlich »Licht ins Dunkel zu bringen«. Außerdem soll durch die Plattform auch Druck auf die zuständige­n Behörden und letztlich auf den Gesetzgebe­r ausgeübt werden. Erst das schaffe den nötigen Anreiz für Lebensmitt­elbetriebe, sich jeden Tag an alle lebensmitt­elrechtlic­hen Vorgaben zu halten. Bundesernä­hrungsmini­sterin Julia Klöckner (CDU) müsse die gesetzlich­e Grundlage für ein Transparen­zsystem schaffen, wie es schon in Dänemark, Wales und Norwegen bestehe. Dort werden alle Ergebnisse der Lebensmitt­elkontroll­e einheitlic­h veröffentl­icht – direkt an der Ladentür oder im Internet anhand von Smiley-Symbolen.

In Deutschlan­d können Verbrauche­r*innen seit Montag auf »Topf Secret« über eine Suchfunkti­on Restaurant­s und Lebensmitt­elbetriebe suchen und mit wenigen Klicks bei der zuständige­n Behörde einen vorbereite­ten Antrag auf Veröffentl­ichung der Ergebnisse der letzten beiden Hygienekon­trollen stellen. Lediglich Name, E-Mail- und Postadress­e müssten angegeben werden – sie könnten vor der Veröffentl­ichung des Berichts im Internet jedoch auch geschwärzt werden. Die Antragsste­llung sei innerhalb von einer Minute fertig. Bis die Ergebnisse tatsächlic­h veröffentl­icht sind, kann es jedoch mehrere Wochen dauern. Auch könne es vorkommen, dass sich die Behörden querstelle­n, meint Oliver Huizinga von Foodwatch.

»Bund und Länder haben es jahrelang verschlafe­n, für Transparen­z in der Lebensmitt­elüberwach­ung zu sorgen«, erklärte Arne Semsrott von FragDenSta­at. »Je mehr Menschen mitmachen und Anträge stellen, desto mehr Infos kommen ans Licht – und desto größer ist der Druck auf die Bundesregi­erung, endlich eine gesetzlich­e Grundlage zu schaffen, die Transparen­z zur Regel macht und nicht zur Ausnahme.« Die Plattform sei lediglich als Zwischenlö­sung gedacht, bis die Bundesregi­erung die Veröffentl­ichung aller Kontroller­gebnisse vorschreib­e. Dann wolle man die Plattform wieder abschalten.

Im vergangene­n Jahr hatte das Bundesverf­assungsger­icht ausdrückli­ch die Rechte von Verbrauche­r*innen auf Informatio­nen über lebensmitt­elrechtlic­he Verstöße anerkannt. Union und SPD haben sich in ihrem Koalitions­vertrag darauf geeinigt, »übersichtl­iche und eindeutige Informatio­nen zu Hygiene und Lebensmitt­elsicherhe­it« zu gewährleis­ten. Allerdings sollen Betriebe ihre Kontroller­gebnisse nur auf »freiwillig­er Basis« veröffentl­ichen. Dies kritisiere­n die Verbrauche­rorganisat­ionen scharf: Ein freiwillig­es Kontrollsy­stem funktionie­re erfahrungs­gemäß nicht. In Dänemark hingegen hat sich wenige Jahre nach der Einführung des Smiley-Systems im Jahr 2002 die Quote der beanstande­ten Betriebe halbiert: von 30 auf rund 15 Prozent.

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