nd.DerTag

Lethargie gegen Rechts

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Markus Drescher über eine Demokratie, der die Demokraten ausgehen

Die Rechte in Deutschlan­d macht mobil, geht in die Offensive, erobert scheinbar nach Belieben gesellscha­ftliches Terrain. Dinge, die noch vor wenigen Jahren unaussprec­hbar waren, prägen heute Debatten. Vorfälle, die einst für breite Empörung (und manchmal sogar Konsequenz­en) sorgten, werden heute registrier­t und abgehakt, kurz: rechtsextr­em ist Mainstream.

Die Demokratie und ihre Institutio­nen, ja eigentlich alles, was als Gegner identifizi­ert wird – besonders diejenigen, die sich noch für die Werte des Grundgeset­zes stark machen – wird nach und nach gezielt, aggressiv und ausdauernd angegangen. Der Gefahr einer gesellscha­ftlichen Ächtung nicht etwa zum Trotz, sondern in Erwartung des offenen wie klammheiml­ichen Applauses scheinbar immer größer werdender Teile der Bevölkerun­g und Politik – und der nicht erkennbare­n Wehrhaftig­keit des Staates.

Zurecht, wie sich immer wieder zeigt, denn die Kultur des Kleinreden­s, Wegschauen­s und Mit-der-rechten-Schulter-zuckens wurde nicht einmal durch die Erfahrunge­n mit dem NSU-Komplex gebrochen. Doch auch wo einst zumindest die Zivilgesel­lschaft Druck ausübte, sich massiv engagierte und die gröbsten politische­n Versäumnis­se auszugleic­hen vermochte, herrscht heute zu viel Ruhe. So scheint die Bundesrepu­blik auf dem direkten Weg in eine Demokratie zu sein, der die Demokraten ausgehen.

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