Mars first!
Bernd Zeller macht sich vorbeugend Gedanken über die Organisation menschlichen Lebens auf dem Roten Planeten
In unserem heutigen Bericht beschäftigen wir uns mit dem Wettlauf zum Mars, von dem es Neuigkeiten gibt. Vom Wettlauf, nicht vom Mars. Passend zur Überwindung nationalstaatlicher Interessen wird ein solcher Wettlauf nicht mehr zwischen Nationen oder Systemen ausgetragen, sondern unter Milliardären. Bis jetzt sind es drei. Ein japanischer Milliardär will in vier Jahren auf die Rückseite des Mondes und von dort aus zum Mars. Die beiden anderen sind Amerikaner: Amazon-Boss Jeff Bezos und Elektroautobauer Elon Musk.
Letzterer hat gerade eine Rakete vorgestellt, die anlässlich des 100. Jubiläums wie in Bauhaus-Art gestaltet aussieht, also genau so, wie wir sie aus dem Stummfilm kennen, wo die Rakete in das Mondgesicht stößt, oder eben so, wie wir alle im Kunstunterricht immer die Rakete im Weltraum gemalt haben. Es ist für die Vermarktung ganz wichtig, dass Utopien so wenig wie möglich von der kollektiven Vorstellung abweichen.
Positiv festzustellen ist, dass sich unter den marsflugwilligen Milliardären nicht Donald Trump befindet. Um einen komplett irrationalen Trottel kann es sich bei ihm demnach doch nicht handeln, oder er ist gerade darum einer und verkennt, dass im Mars unsere Zukunft liegt. So muss es sein. Die Erkenntnis, dass wir nur eine einzige Erde haben, hat sich herumgesprochen, aber die Konsequenzen daraus sehen nur wenige. Wir haben nun mal auch nur einen Mars. Dort ist es schon einmal kälter; eine menschengemachte Klimaerwärmung wäre ein paar Grad lang keine Katastrophe, auch ist das Vorkommen fossiler Brennstoffe eher unwahrscheinlich. Der Mars wäre der Planet der unbegrenzten Mög- lichkeiten, was die Frage erübrigt, was wir dort sollen.
Europäische bemannte Marsflüge sind nicht in Planung. Daran ist erst zu denken, wenn die EU in einer Richtlinie geklärt hat, ob von befrauund bemannten oder von bemenschten Flügen gesprochen werden soll. Der europäische Gedanke als solcher darf indes bei der Marsbesiedelung nicht entfallen, ist er doch genauso global gedacht wie der Marsglobus. Ein Marsparlament mit ein paar parlamentarischen Gepflogenheiten und beratenden Kompetenzen wird nötig sein, damit es was zum Wählen gibt.
Wie in der EU sind die Gesetze und Richtlinien subsidiär, aber weil es auf dem Mars keine anderen Staatsgebilde gibt, ist die Rechtswirkung unmittelbar. Man spart nicht nur den doppelten Parlamentssitz, sondern auch die anderen unzähligen einzelstaatlichen Regierungsund Gesetzgebungsinstanzen. Zum Wahlkampf können die Parteien, so es solche gibt, plakatieren: »Wir auf dem Mars« oder »Wir für den Mars«. Gern genommen sind auch Halbsätze wie »Weil es um den Mars geht« oder »Damit der Mars stark wird«, aber auch nahezu inhaltvermittelnde Aussagen wie »Für einen Mars, auf dem wir gut und gerne leben« und »Zeit für mehr Mars.«
Die Marskommission müsste zweifellos von Angela Merkel geführt werden, aber die wird in Europa gebraucht. Den Marsrettungsfonds wird wohl Annegret-Kramp-Karrenbauer initiieren. Die positive Energie jedenfalls werden wir brauchen, wenn in zwei Milliarden Jahren der Andromeda-Nebel auf unsere Milchstraße stößt und vermutlich beide Galaxien sich zu einer Supergalaxie verbinden. Da sollten wir uns schon auf mehrere Sternensysteme ausgedehnt haben und nicht mehr auf planetarer Ebene die Probleme lösen wollen oder in globalistisches Denken zurückfallen.
Eine biologische Schwierigkeit, die den Marsreisenden bei der Landung auf dem Roten Planeten bevorsteht, darf nicht außer Acht gelassen werden. Wie wir an den Raumfahrern sehen, die sich längere Zeit in Schwerelosigkeit befunden haben, ist ihr Organismus bei der Rückkehr zur Erde nicht mehr an die Gravitation gewöhnt. Die Piloten können ihr eigenes Gewicht nicht tragen und sind auf Hilfe angewiesen. Es muss also vorher schon jemand zum Mars, der den Ankömmlingen behilflich ist.