Gestresst in the City
Wer kennt das nicht aus seinem Bekanntenkreis? Gehetzte, überforderte Menschen, denen die Arbeit über den Kopf wächst und die deshalb Abstriche an der Qualität ihrer Arbeit machen, um das Pensum überhaupt zu schaffen. Dass das keine Einzelfälle sind, sondern sehr viele Menschen in Berlin betrifft, zeigt die aktuelle Erhebung des »DGB-Index Gute Arbeit«. Demnach erlebt mehr als die Hälfte der Befragten »Arbeitshetze« und »Zeitdruck«. Zur gestiegenen Arbeitsintensität trägt auch bei, dass Wochenend- und Nachtarbeit in Berlin verbreiteter sind als andernorts in der Bundesrepublik: Mehr als 60 Prozent der Berliner arbeiten am Wochenende, fast zwei Drittel davon wiederum auch sonntags.
Das große Jobwunder von 500 000 neuen sozialversicherungspflichtigen Stellen in Berlin, die in den vergangenen zehn Jahren neu entstanden sind, hat also Schattenseiten. In Berlin zählt zu den Nachteilen indes nicht nur die Belastung, sondern auch die miese Bezahlung. Das wiederum vergrößert die Zukunftsängste. Vom Ziel der »Guten Arbeit«, das sich Rot-RotGrün auf die Fahne geschrieben hat, ist man weit entfernt. Es ist deshalb richtig, den Landesmindestlohn anzuheben und an öffentliche Aufträge höhere Löhne zu koppeln.
Am Ende müssen die Unternehmer aber auch zu einem besseren Arbeitsschutz gedrängt werden. Denn in den Betrieben sind die Stellschrauben, um den Stress zu minimieren und eine bessere Bezahlung umzusetzen. Sonst bleiben die Stellen – wie in der Pflege – unbesetzt.