Eine Treppe ins Nichts
Cornelsen Kulturstiftung spendiert eine historische Treppenanlage mit vergoldeten Putten am Landtagsschloss
Die historische Schlossfassade des Potsdamer Landtags wird komplettiert. Bis 2020 wird die Puttentreppe, die vom Schloss zum Lustgarten führte, unter Verwendung von Originalteilen neu aufgebaut.
»Das ist kein Schloss« steht – auf Französisch – an der rekonstruierten Knobelsdorff-Fassade des Potsdamer Landtagsgebäudes. Dass dieser Satz, zumindest äußerlich, langsam zweifelhaft wird, das ist neuerdings auch der Cornelsen Kulturstiftung zu verdanken. Denn sie lässt für eine halbe Million Euro an der Fassade Richtung Lustgarten die sogenannte Putten- oder Fahnentreppe wieder anbauen, die das alte Stadtschloss jahrhundertelang geziert hatte. Unter den Spendern ist der renommierte Dirigent Christian Thielemann.
Wie Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD) am Montag erläuterte, wird diese Initiative einem Hohen Haus, das seit der Eröffnung 2014 schon rund 667 000 Besucher zählte, ein neues Glanzlicht aufsetzen. 2016 seien auf private Initiative hin die ersten beiden Attika-Figuren auf das Schlossdach gesetzt worden, 2018 die historische Adlergruppe.
Bislang steht anstelle des Originals ein unscheinbares Treppenwerk aus Beton. Den Bau der Puttentreppe hatte Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. angeordnet, damit er von seinen Privatgemächern im Schloss in kürzester Zeit auf seinen Exerzierplatz gelangen konnte. Sohn Friedrich ließ das Geländer vergolden und mit musizierenden Putten versehen. Nach dem Abriss des kriegszerstörten Stadtschlosses waren Fragmente des beliebten Fotomotivs geborgen worden und hatten in den Depots der Schlösserstiftung die Zeiten überdauert.
Den Wiederaufbau überwacht der Verein Potsdamer Stadtschloss. Dessen Vorsitzender Joachim Kuke wies bei dieser Gelegenheit darauf hin, dass es für diese Treppe keine Tür ins Haus geben werde, sie also genau genommen auch keine Treppe sei. Allerdings bestätigte Landtagsdirektor Detlef Voigt, dass Professor Peter Kul- ka, Architekt des neuen Landtags, sein Einverständnis zum Anbau der originalgetreuen Treppe gegeben hatte.
Geldspenderin Ruth Cornelsen, Witwe des bekannten Verlegers, schilderte die aktuellen Schwierigkeiten, unter denen Stiftungen heute tätig seien. Die jahrelange Null-ZinsPolitik der Europäischen Zentralbank lasse den Jahresertrag ihrer eigenen Stiftung von ursprünglich 1,5 Millionen Euro auf gerade einmal 300 000 Euro zusammenschmelzen. Es sei aber laut Stiftungsrecht nicht gestat- tet, das Kapital selbst anzugreifen. Aus diesem Grunde könne sie die Gründung von Stiftungen heute nicht mehr empfehlen, sondern rate zu direkten Spenden. In »günstigeren Zeiten« hatte sie mit Stiftungsmitteln die Rettung der originalen Stofftapeten im Schloss Paretz, die Erneuerung der Orgel in der Potsdamer Friedenskirche und Restaurationsarbeiten im Schloss Caputh unterstützen können. »Ich spende lieber große Summen, zahle ungern mit kleiner Münze«, sagte Cornelsen.
Der Direktor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Samuel Wittwer, sprach von einem »Freudentag«. »Die Puttentreppe ist ein Meisterwerk der preußischen Bronzegießerkunst und stadtbildprägend.« Er erinnerte daran, dass noch viele Figuren und Fragmente in den Depots seiner Stiftung lagern. Vieles von dem, was nach dem Abtragen des kriegszerstörten Hauses gesichert wurde, würde in Zukunft eine Ausstellung rechtfertigen.
Wilhelm Hornborstel, Vorstandsvorsitzender des Vereins Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten, würdigte Ruth Cornelsen als Gönnerin. Er appellierte an die Journalisten, sie mögen die Bürger zum Stöbern auf Dachböden aufzufordern. Dort müsse sich noch vieles vom preußischen Erbe finden lassen. Dirigent Thielemann stieß ins gleiche Horn. Schriftlich ließ er wissen: »Als ich das Bronzefragment der Puttentreppe aus Privatbesitz erwarb, war von Wiederaufbau nur zu träumen. Ich rufe alle Potsdamer auf, weitere 1945 geborgene Originalstücke der Treppe für dieses Projekt einzubringen.«