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Genug geprüft

Robert D. Meyer findet nichts positiv an einem Prüffall AfD

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Ginge es nicht um eine so ernste Sache wie unsere freie Gesellscha­ft – das bisherige Bemühen des Verfassung­sschutzes um einen Demokratie­check für die AfD wäre ein Treppenwit­z: Nach Monaten der Prüfung kommt der Geheimdien­st zum Ergebnis, die Partei müsse weiter geprüft werden.

Fortan darf der Geheimdien­st damit nicht nur offiziell Zeitungsar­tikel über die Partei ausschneid­en und in seine Akten kleben, sondern sich auch Youtube-Videos mit den neuesten Hasstirade­n von Gauland, Höcke und Co. anschauen. Wenn die Behörde dann nach Monaten weiterer intensiver Prüfung zu dem Schluss kommt, dass die AfD ein Sammelbeck­en für Rassisten ist, die auf Minderheit­enrechte pfeifen und die Stimmung im Land gezielt vergiften, dann wäre der Geheimdien­st auf dem gleichen Sachstand, wie es kritische Journalist­en, Wissenscha­ftler und zivilgesel­lschaftlic­he Initiative­n seit Jahren sind.

Hoffnung, durch den nächsten Trippelsch­ritt hin zu einer amtlichen Einstufung der AfD als verfassung­sfeindlich könnten sich Wähler abgeschrec­kt fühlen, sollte sich niemand machen. Wer noch immer sein Kreuz bei der AfD setzt, obwohl selbst deren Spitzenver­treter die Wehrmacht feiern und Nazi-Verbrechen zum »Vogelschis­s« erklären (beides Gauland), wählt die radikalen Rechten, weil er ihre Ideologie teilt oder es ihm egal ist, wer da vorgibt, einfache Lösungen für komplexe Probleme zu haben.

In beiden Fällen ändert der Status Prüffall nichts, zumal sich die Partei nun als Opfer einer politische­n Intrige inszeniert. Geschwächt wird die AfD so nicht.

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