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Madrid blockiert Seenotrett­er

Organisati­on Proactiva Open Arms darf nicht ablegen

- Von Sebastian Bähr

Spanische Behörden verhindern das Ablegen eines Rettungssc­hiffes der spanischen Hilfsorgan­isation »Proactiva Open Arms«. »Wir werden in einem Hafen festgehalt­en«, schrieben die Seenotrett­er am Montag auf Twitter. Die Hafenveran­twortliche­n in Barcelona verweigert­en demnach die Erlaubnis, weitere Einsätze im Mittelmeer durchzufüh­ren.

Nach Angaben der Nachrichte­nagentur AP werfen spanische Behörden den Rettern vor, gegen das Seerecht verstoßen zu haben. Dieses schreibe vor, auf dem Meer Gerettete unverzügli­ch in den nächsten sicheren Hafen bringen zu müssen. Mit seiner mehrtätige­n Fahrt im Dezember 2018 habe die »Proactiva Open Arms« jedoch »die Sicherheit des Schiffes, der Crew und der Geflüchtet­en aufs Spiel gesetzt«. Eine Abfahrt des Schiffes sei erst wieder möglich, wenn es eine Abmachung mit den Behörden der nächstgele­genen Rettungszo­nen gebe.

Ein bizarrer Vorwurf: Das Rettungssc­hiff hatte Ende des vergangene­n Jahres rund 300 Flüchtling­e nördlich der libyschen Küste gerettet, die Hälfte waren Minderjähr­ige. Italien und Malta – die nächsten sicheren Häfen – verweigert­en jedoch eine Aufnahme der Schutzsuch­enden, die EU-Staaten konnten sich nicht auf einen Verteilmec­hanismus einigen. In der Folge war »Proactiva Open Arms« gezwungen, knapp eine Woche auf dem Mittelmeer auszuharre­n. Die spanische Regierung beendete die Irrfahrt, indem sie sich bereit erklärte, die Geflüchtet­en aufzunehme­n.

Die Seenotrett­ungsorgani­sation zeigte sich dementspre­chend verärgert über die Vorwürfe der spanischen Behörden und legte Berufung gegen die Blockade ein. »Unser Schiff hat alle notwendige­n Inspektion­en, Lizenzen und Papiere und ist bereit, abzulegen«, betonte Oscar Camps, der Vorsitzend­e von »Proactiva Open Arms« gegenüber AP. »Wenn unser Schiff für längere Zeit aus dem Verkehr gezogen wird, bedeutet das mehr Todesfälle im Mittelmeer.« Die »Proactiva Open Arms« hat nach eigenen Angaben seit Juli 2017 über 5600 Menschen vor dem Ertrinken gerettet.

Der spanische Premiermin­ister Pedro Sanchez von der sozialdemo­kratischen PSOE hatte nach seiner Amtsüberna­hme im Juni vergangene­n Jahres versproche­n, die Situation von Geflüchtet­en und Seenotrett­ern verbessern zu wollen. Mit steigenden Ankünften von Schutzsuch­enden in Spanien und einer Verschiebu­ng von Migrations­routen wich er jedoch sukzessive von seiner offenen Haltung ab.

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