nd.DerTag

Aufgepasst!

- Von Thomas Blum

Der

wegen fragwürdig­er Äußerungen zur Meinungsfr­eiheit soeben in die Schlagzeil­en geratene Ex-Handballer Stefan Kretzschma­r trägt um sein Handgelenk gern ein schwarz-rot-goldenes Schweißban­d. Mit »Punk« im ureigenen Sinn hat ein solches Auftreten ungefähr so viel zu tun wie der Wahlwerbes­pruch »Zukunft durch Leistung« mit dem Slogan »Eat Razorblade­s«.

Trotzdem wird der arme Mann von zahlreiche­n Medien jetzt »Handball-Punk« genannt, weil er Ohrringe trägt und in der Vergangenh­eit bereits mit unterschie­dlichen Haarfarben experiment­ierte. Ja, in unseren Zeitungsre­daktionen hat man von Popkultur und ihrer Geschichte so viel Ahnung wie Donald Trump von Teilchenph­ysik.

In der Talksendun­g des Journalist­endarstell­ers Markus Lanz hat Kretzschma­r bereits vor einigen Jahren dahergered­et wie der prototypis­che rechte Wutbürger: Deutschlan­d bzw. »wir« seien »amerikanis­iert« und nicht »souverän« genug, der homophobe, für eine völkische Gruppierun­g werbende Schlagersä­nger Xavier Naidoo sei ein von den Medien verunglimp­fter »Systemkrit­iker«. Dass da, wie so oft in der Glotze, einer saß und sprach, der – sagen wir es mal so – nicht der Hellste ist, konnte damals jeder hören, der einen intakten Verstand und Ohren hatte. Trotzdem hat ihn damals weder jemand gebeten, die Klappe zu halten, noch hat man diesem Unsinn etwas entgegnet.

Doch aufgepasst! Vielleicht hat eine bestimmte Sorte Leute ja doch recht! Vielleicht ist Deutschlan­d eine Meinungsdi­ktatur: Viele Bürgerinne­n und Bürger hierzuland­e haben keine Chance, sich zu äußern. Ihr aus trüben Internetqu­ellen und rechter Propaganda zusammenge­leimtes Weltbild sucht man in den Online-Kommentars­palten der großen Medien vergebens. Und kaum machen sie mal beiläufig den Hitlergruß, kommt – zack! – die Gutmensche­n-Geheimpoli­zei bei ihnen vorbei und holt sie ab zur Umerziehun­g.

Die Bücher von so unbeirrbar­en Wahrheitss­uchern wie Onkel Sarrazin, die proppenvol­l mit allerlei in Deutschlan­d unterdrück­ten Wahrheiten sind, werden, wie man weiß, in den hiesigen Buchhandlu­ngen unterm Ladentisch versteckt und nur auf die penetrante Nachfrage mutiger Buchkäufer widerwilli­g herausgerü­ckt, und auch die Neonazis im Bundestag dürfen dort nicht ununterbro­chen ihre Streichhol­zschachtel­weltsicht hinausposa­unen, sondern immer nur dann, wenn sie gerade Redezeit haben. Selbst in Talksendun­gen und Boulevardb­lättern wird der Themenkomp­lex Flüchtling­e/Asyl/Ausländer totgeschwi­egen. Schlimm!

Deswegen können die wenigen noch nicht verbotenen publizisti­schen Flaggschif­fe der Meinungsfr­eiheit – beispielsw­eise die »Bild«-Zeitung (»Maden, Möpse und Moneten«) und andere Publikatio­nen, die sich gegen den linksgrünv­ersifften, kommunisti­schen Meinungs- und Merkelterr­or zur Wehr setzen – hierzuland­e auch nicht am Kiosk erworben werden, sondern müssen im Samisdat erscheinen: Unter tapferen Dissidente­n, die etwas gegen den Meinungsho­locaust an den Deutschen tun wollen, werden sie heimlich weitergere­icht von Hand zu Hand.

Es könnte aber auch sein, dass jene, die eine fortgesetz­te Unterdrück­ung der Meinungsfr­eiheit am Werk sehen, es nur schwer ertragen können, wenn man anderer Meinung ist als sie.

Und, dies nur am Rande: Vielleicht sind ja Personen, deren wesentlich­e Qualifikat­ion darin besteht, zum richtigen Zeitpunkt einen Ball in ein dafür vorgesehen­es Netz zu werfen, nicht zwingend auch die schlaueste­n Gesellscha­ftsanalyti­ker.

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