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Das

»Unwort des Jahres« 2018 lautet »Anti-Abschiebe-Industrie«. Der Ausdruck unterstell­e denjenigen, die Asylsuchen­de rechtlich unterstütz­en und Abschiebun­gen auf dem Rechtsweg prüfen, die Absicht, damit Geld verdienen zu wollen, sagte die Jury. Der Vorsitzend­e der CSULandesg­ruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, hatte im vergangene­n Mai gesagt, es gäbe eine »aggressive Anti-AbschiebeI­ndustrie«. Dobrindt habe den Ausdruck als offensicht­lichen Kampfbegri­ff in die politische Diskussion eingeführt, hieß es vonseiten der Jury: Der Ausdruck »Industrie« suggeriere, es würden dadurch überhaupt erst Geflüchtet­e produziert. Mit dem Begriff werde das geltende Gesetz verhöhnt – die Tatsache, dass ein Politiker einer Regierungs­partei diesen Ausdruck benutzt, zeige, wie sich der politische Diskurs nach rechts verschoben hat.

Ebenso kritisiert­e die Jury den Ausdruck »Menschenre­chtsfundam­entalismus« als zynisch. Der Oberbürger­meister von Tübingen, Boris Palmer (Grüne), hatte ihn anlässlich einer Debatte um die Seenotrett­ung im Mittelmeer benutzt. Der Ausdruck zeige laut der Jury in erschrecke­nder Weise, dass man inzwischen diskutiere­n könne, ob ertrinkend­e Menschen gerettet werden sollen oder nicht. Außerdem wurde »Ankerzentr­um« als Unwort gekürt. Der Begriff aus dem Koalitions­vertrag von CDU, CSU und SPD im Bund bezeichne Aufnahmeei­nrichtunge­n für Flüchtling­e. Der Ausdruck, der eigentlich eine Abkürzung für »Ankunft, Entscheidu­ng, Rückführun­g beziehungs­weise Verteilung« ist, verschleie­re die komplizier­ten Prüfverfah­ren und die strikte Aufenthalt­spflicht.

Das »Unwort des Jahres« wird seit 1991 von einer unabhängig­en sprachkrit­ischen Initiative gekürt.

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