nd.DerTag

Die Ökonomie ignoriert

Jana Frielingha­us über die Leipziger Initiative für mehr Weltoffenh­eit

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Das Anliegen der Organisato­ren der Demo »für ein weltoffene­s Leipzig« am Montagaben­d war aller Ehren wert. Denn bevorstehe­nde Landtagswa­hlen in Thüringen, Brandenbur­g und Sachsen erfüllen nicht nur Politiker und Kirchenleu­te mit Sorge vor einem weiteren Erstarken der AfD. Und Gewalt gegen Schwächere oder »Fremde« lässt sich nicht mit dem Hinweis auf Frust über reale Benachteil­igung entschuldi­gen.

Doch die Bemühungen der mehrheitli­ch aus dem Westen stammenden Initiatore­n des Leipziger »Aufrufs 2019«, die die Ostdeutsch­en zu Toleranz und Wohlverhal­ten, zu »aktivem demokratis­chem Engagement« ermahnen, laufen ins Leere, solange von den ökonomisch­en Hintergrün­den der unerfreuli­chen Entwicklun­g im Osten geschwiege­n und statt dessen auch nach 30 Jahren geradezu gebetsmühl­enartig das Fehlen von »Freiheit« in der »zweiten deutschen Diktatur« zur Hauptursac­he erklärt wird. Mancher ostdeutsch­e Politiker ist da zumindest ein wenig weiter, wenn er das Plattmache­n der Volkswirts­chaft der verblichen­en DDR und die bis heute völlig fehlende Repräsenta­nz der Ostdeutsch­en in Verwaltung und Unternehme­n kritisiert. Dass sie vom Kapitalism­us reden, der nach dem Ende der Systemause­inanderset­zung besonders im Osten auf Make-up verzichtet, kann man von ihnen wohl kaum erwarten.

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