Chinesen mögen keinen Diesel
Peking plant aus Umweltgründen Reduktion des Lkw-Verkehrs und Verlagerung auf die Schiene
Die chinesische Führung will weg vom Diesel und verbannt mehr als eine Million Lkw von den Straßen. In Großstädten und bei Pkw spielen Dieselmotoren schon lange keine Rolle mehr.
Chinesen mögen keine Diesel. Sie verbinden damit klobige, dreckige Lastwagen, die laut rattern und dicke Rauchwolken ausstoßen. In den 18 Fabriken, die Volkswagen in China unterhält, produziert der Wolfsburger Konzern nicht ein einziges Pkw-Modell mit Dieselmotor. Und auch sonst verkauft kaum ein Konzern auf dem inzwischen größten Automarkt der Welt Dieselautos.
Nun geht es im Reich der Mitte auch den Lastwagen mit Dieselmotor an den Kragen. Bei der Bekämpfung der Luftverschmutzung will die chinesische Führung auch die Zahl der Diesel-Lkw deutlich drosseln. Das Umweltministerium teilte kürzlich mit, dass die staatlichen Emissionsvorgaben und die Kontrollen erheblich verschärft werden. Die neuen Bestimmungen entsprechen in etwa den Vorgaben der Abgasnorm Euro-5. DieselLkw, die diese nicht erfüllen, sollen nicht mehr zugelassen werden.
Allein im Nordosten des Landes dürften Berechnungen des Umweltministeriums zufolge in den nächsten Wochen rund eine Million DieselLkw aus dem Verkehr gezogen werden. Zugleich hat das Ministerium angewiesen, für eine bessere Quali- tät des Dieselkraftstoffs zu sorgen. Auch das soll die Abgase verringern. Und: Bereits im kommenden Jahr will Peking die noch strengere Abgasnorm China National 6 einführen, die der Euro-6-Norm entspricht.
Vor allem im Winter ist der Norden und Osten Chinas stark von dichtem Smog betroffen. Die Feinstaubbelastung liegt in einer Reihe von Städten an vielen Tagen oft bei 300 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Die Weltgesundheitsorganisation hält bereits eine Belastung von 30 Mikrogramm für gesundheitsschädlich. Ein Grund: Trotz umfangreicher Bemühungen der Führung, den Anteil von Kohlestrom zu senken und stärker auf erneuerbare Energiequellen zu setzen, bezieht China rund zwei Drittel seiner Energie nach wie vor aus der Verbrennung von Kohle.
Im Nordosten sind die Winter extrem kalt. Auf bis zu minus 20 Grad fallen die Temperaturen. Heizungen laufen auf vollen Touren. Entsprechend schlecht ist in diesen Gegenden die Luft. In den Großstädten trägt aber auch der Autoverkehr Schät- zungen zufolge zu rund einem Drittel zur Luftverschmutzung bei. Diesel-Lkw haben nach Angaben des Umweltministeriums einen Anteil von etwa acht Prozent am gesamten Autoverkehr des Landes, sind aber für knapp 60 Prozent des gesundheitsschädlichen Stickstoffdioxidausstoßes verantwortlich. In Metropolen wie Peking und Tianjin sind alte Diesel-Lkw daher bereits seit einiger Zeit aus dem Stadtgebiet verbannt. Große Diesellastwagen von Speditionen und Zulieferern dürfen nicht mehr ins Zentrum fahren. Nun sollen verschärfte Bestimmungen auf ganze Provinzen ausgedehnt werden.
Grundsätzlich will die chinesische Führung den Güterverkehr von der Straße stärker auf die Schiene lenken. Ziel ist eine Zunahme des Güterzugverkehrs um rund ein Drittel im Vergleich zu 2017 – angekündigt sind massive Investitionen in den Ausbau des Netzes. Bei längeren Entfernungen solle vermehrt auf Güterzüge oder Schiffe gesetzt werden, so die Anweisung des Umweltministeriums.
Das Problem sind indes die letzten Kilometer von den Güterbahnhöfen zu den Logistikzentren und von dort aus in die Geschäfte sowie die Privathaushalte. »Da ist China anderen Ländern sogar voraus«, meint Verkehrsexperte Sun Zhang von der Shanghaier Tongji-Universität. Motorroller und kleine Lastentransporter, beide mit Elektroantrieb, seien in chinesischen Großstädten schon lange gang und gäbe. Der Grund: China hatte in seinen Großstädten schon früh diesel- oder benzinbetriebene Motorräder verboten. Daraufhin setzten sich Elektro-Motorroller durch, die Fahrrädern gleichgestellt sind und bei der Anschaffung keiner Genehmigung bedürfen.
Allein im Nordosten dürften in den nächsten Wochen rund eine Million Diesel-Lkw aus dem Verkehr gezogen werden.