Soziales
Urteile im Überblick
Arbeitgeber darf betriebliche Witwenrente kürzen
Hinterbliebenenrenten können Arbeitgeber viel Geld kosten – vor allem, wenn der Altersunterschied von Ehepaaren sehr groß ist. Nun hat das BAG definiert, wann Abschläge möglich sind.
Arbeitgeber können eine betriebliche Hinterbliebenenversorgung kürzen, wenn der Altersunterschied von Ehepartnern mehr als 10 Jahre beträgt. Sie hätten ein legitimes Interesse, ihr finanzielles Risiko bei einer solche Versorgungszusage zu begrenzen. Das entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt am 11. Dezember 2018 (Az. 3 AZR 400/17) im Fall eines Paares aus Bayern. Im verhandelten Fall betrug der Altersunterschied 15 Jahre.
Die Witwe hatte durch alle Instanzen gegen den Arbeitgeber geklagt, weil er ihre Hinterbliebenenversorgung um fünf Prozent für jedes Jahr verringerte, das über einem Altersunterschied von zehn Jahren lag. Sie sah darin eine Altersdiskriminierung.
Eine solche Altersabstandsklausel und damit eine Benachteiligung wegen des Alters sei gerechtfertigt, urteilten die höchsten deutschen Arbeitsrichter. Sie definierten damit erstmals eine Altersgrenze, von der an Abschläge bei betrieblichen Hinterbliebenenversorungen rechtens sind.
In der Entscheidung heißt es: »Bei einem Altersabstand von elf Jahren, ab dem die Klausel greift, ist der gemeinsame Lebenszuschnitt der Ehepartner darauf angelegt, dass der Hinterbliebene einen Teil seines Lebens ohne den Versorgungsberechtigten verbringt.«
Im konkreten Fall hatte der Arbeitgeber der Witwe 60 Prozent der Rente seines ehemaligen Angestellten zugesagt. Die Versorgungsordnung sah eine gekürzte Zahlung bei einem Altersunterschied von mehr als zehn Jahren vor.
Der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts bestätigte mit dem Urteil seine Rechtsprechung. Bereits im Februar 2018 hatte das BAG entschieden, dass Arbeitgeber eine betriebliche Hinterbliebenenversorgung sogar ganz verweigern können, wenn der Ehepartner des ehemaligen Betriebsangehörigen mehr als 15 Jahre jünger ist.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden beträgt der Altersunterschied bei mehr als 80 Prozent der Ehepaare weniger als sieben Jahre.
Krankenkasse muss 300 000 Euro teure Behandlung bezahlen Die gesetzlichen Krankenkassen müssen unter Umständen auch sehr hohe Kosten für ei- ne Behandlung im Ausland bezahlen.
Das entschied das Sozialgericht Bremen (Az. S 8 KR 263/17) in einem am 7. Dezember 2018 veröffentlichten Urteil zugunsten eines lebensbedrohlich kranken Jugendlichen, bei dem es um eine 300 000 Euro teure Behandlung in den USA ging. Erfolgversprechende Behandlungsmöglichkeiten in Deutschland habe es nicht mehr gegeben.
Der Jugendliche wurde mit einem schweren Herzfehler geboren und litt als Folge auch an einer seltenen Erkrankung, einer Bronchitis fibroplastica. Diese ist mit lebensbedrohlichen Erstickungsanfällen durch sich laufend neubildende Eiweißklumpen verbunden. Nach Studien stirbt die Hälfte aller Erkrankten innerhalb von fünf Jahren – oder sie benötigen innerhalb dieser Zeit eine Herztransplantation.
2016 stellte ein Arzt aus Philadelphia in den USA eine neue Behandlungsmethode vor. Durch den Verschluss bestimmter Lymphgänge könne die Bildung der Eiweißklumpen ver- hindert werden. 18 Patienten habe er dadurch heilen können.
Als die Eltern davon erfuhren, beantragten sie die Kostenübernahme für eine Behandlung in den USA. Alle deutschen Kliniken und Ärzte des Jungen befürworteten dies, ebenso der Medizinische Dienst der Krankenversicherung, weil die neue Methode die einzige Chance der Behandlung war. Dennoch wollte die Krankenkasse die Kosten nicht übernehmen. Die Methode sei nicht anerkannt. Es gebe auch keine Begründung für die hohen Kosten von rund 300 000 Euro.
Mit seiner Klage hatte der Junge 2017 bereits im Eilverfahren Erfolg. Er ließ sich daraufhin in den USA behandeln und hat seitdem keine Erstickungsanfälle mehr.
Nun gab das Sozialgericht dem Jugendlichen auch im Hauptverfahren Recht. Danach muss die Krankenkasse die zunächst nur vorgestreckten Kosten endgültig tragen. Zur Begründung erklärte das Gericht, das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung kenne »keine Beschränkung des Behandlungsanspruchs wegen hoher Kosten«. Auch dass die Behandlung in den USA erfolgte, stehe einer Kostenübernahme nicht entgegen. Denn eine erfolgversprechende Behandlung in Deutschland sei nach Einschätzung aller mit dem Verfahren befassten Ärzte nicht mehr möglich gewesen.
Bereits 2005 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die gesetzlichen Krankenkassen bei lebensbedrohlichen Erkrankungen auch nicht anerkannte Heilmethoden bezahlen müssen, wenn diese »eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht« auf Heilung oder Linderung versprechen.
Die Krankenkasse legte Rechtsmittel zum Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen ein.