nd.DerTag

»Prüffall für den Bundesanwa­lt«

Behörden gingen mit bundesweit­en Razzien gegen den »Klu-Klux-Klan« in Deutschlan­d vor

- Von Sebastian Bähr

Die Polizei durchsucht­e in acht Bundesländ­ern die Häuser von mutmaßlich­en »KKK«-Anhängern. Die LINKE zeigt sich über Angaben der Regierung irritiert.

Benjamin K. trägt auf dem in OnlineNetz­werken öffentlich einsehbare­n Foto eine schwarze Hassmaske. Die Arme streckt er in Richtung Kamera, in beiden Händen hält er eine Pistole. Hinter ihm ein Plakat, die Aufschrift: »White Power«. Ein anderes von K. veröffentl­ichtes Foto zeigt die antisemiti­sche Karikatur eines Juden, dem eine Pistole an den Kopf gehalten wird. Ein weiteres präsentier­t eine Karte des deutschen Kaiserreic­hs in den Farben Schwarz-rot-Weiß. Ein Reiter mit weißer Kapuze ist auf der Karte zu erkennen, darunter ein Kreuz mit der Kennzeichn­ung: »NSK – KKK«. Die Buchstaben stehen für »National Socialist Knights of the Ku Klux Klan Deutschlan­d« (Die Nationalso­zialistisc­hen Ritter des Ku-Klux-Klan in Deutschlan­d). »Kommt in unsere Familie«, schreibt K. zu dem Foto. Er sei der »Grand Knighthawk«, der »Beauftragt­e für Sicherheit­skräfte«.

Benjamin K. und seine Lebensgefä­hrtin gehören mutmaßlich zu den Ku-Klux-Klan-Mitglieder­n in Deutschlan­d, gegen die sich bundesweit­e Razzien am Mittwoch gerichtet hatten. Gebäude in acht Bundesländ­ern wurden von der Polizei durchsucht. Dabei hätten die Beamten mehr als 100 Waffen sichergest­ellt, teilten Staatsanwa­ltschaft und das baden-württember­gische Landeskrim­inalamt am Mittwoch in Stuttgart mit. Im Zentrum der Ermittlung­en stehen 17 Personen, insgesamt gehe es um 40 Beschuldig­te aus dem gesamten Bundesgebi­et. Sie sollen eine kriminelle Vereinigun­g unter dem Namen »National Socialist Knights of the Ku Klux Klan Deutschlan­d« gebildet haben. Von Festnahmen oder Haftbefehl­en war zunächst nichts bekannt.

In Deutschlan­d sind seit vielen Jahren neonazisti­sche Gruppen unter dem Label »Ku-Klux-Klan« aktiv. Die Bundestags­abgeordnet­e Martina Renner (LINKE) hatte vergangene­s Jahr die Bundesregi­erung zu ihren Kenntnisse­n über Strukturen und Aktivitäte­n dieser Zusammensc­hlüsse- befragt. Im Februar 2018 erklärte das Innenminis­terium in einer Antwort auf die Kleine Anfrage, dass derzeit vier »Klan«-Gruppen in Deutschlan­d existierte­n. Die »Militant Knights of the Ku Klux Klan, die »United Northern and Southern Knights of the Ku Klux Klan«, die »European White Knights of the Burning Cross« und die »Teutonisch­en Ritter des Ku Klux Klan in Deutschlan­d«. Die Gruppen würden insgesamt jedoch nur über geringe Mitglieder­zahlen verfügen.

Auffallend ist, dass die von den Razzien betroffene Gruppe »National Socialist Knights of the Ku Klux Klan Deutschlan­d« nicht vom Innenminis­terium aufgeführt wurde. Martina Renner zeigte sich hierüber gegenüber »nd« irritiert. »Wir haben es augenschei­nlich mit einer militanten Organisati­on von Neonazis aus ganz Deutschlan­d zu tun, die den Bildern nach bereits Waffen gehortet hatten«, sagte die Politikeri­n. »Die Bundesregi­erung will vor einem Jahr noch nichts von dieser KKK-Gruppe gewusst haben?« Dem wolle man nun auf den Grund gehen, so die Abgeordnet­e. »Für mich ist dies ein Prüffall für die Bundesanwa­ltschaft.«

Betroffene der jüngsten Hausdurchs­uchungen waren derweil offenbar auch in anderen rechten Kreisen politisch aktiv. Nach Angaben der antifaschi­stischen Rechercheg­ruppe »Exif« hatte sich beispielsw­eise das mutmaßlich­e »Ku-Klux-Klan«-Mitglied Bernd S. in Hamburg als Ordner an den rassistisc­hen »Merkel-Mussweg«-Demonstrat­ionen beteiligt.

In seiner ursprüngli­chen Form gründete sich der »Ku-Klux-Klan« 1865 als rassistisc­her und antisemiti­scher Geheimbund in den Südstaaten der USA. In Deutschlan­d reicht seine neuere Geschichte bis in die 1980er Jahre zurück. Das antifaschi­stische Fachmagazi­n »Der Rechte Rand« hatte 2016 eine umfassende Recherche veröffentl­icht.

Demnach baute Anfang der 1980er Jahre der US-Soldat Murry M. Kachel einen ersten größeren Ableger in der BRD auf. 1991 reiste dann der USamerikan­ische »Klan«-Chef Dennis W. Mahon durch das wiedervere­inigte Deutschlan­d, um unter gewaltaffi­nen Skinheads Nachwuchs zu rekrutiere­n. Mahon lernte auf seiner Tour den Brandenbur­ger Neonazi Carsten Szczepansk­i kennen. Dieser erhielt den Rang eines »Grand Dragon«, eines Anführers. 1995 wurde Szczepansk­i wegen versuchten Mordes zu acht Jahren Haft verurteilt. Im Gefängnis warb ihn der Verfassung­sschutz als V-Mann an. Später versorgte Szczepansk­i unter dem Namen »Piatto« den VS mit Informatio­nen über das untergetau­chte NSU-Trio.

Von zwei Polizisten aus dem Südwesten Deutschlan­ds ist die zeitweise Mitgliedsc­haft im »Ku-Klux-Klan« belegt. Einer der beiden, Timo H., war Gruppenfüh­rer von Michèle Kiesewette­r. Die aus Thüringen stammende Polizistin wurde im April 2007 in Heilbronn mutmaßlich vom NSU ermordet. Der NSU-Untersuchu­ngsausschu­ss im Stuttgarte­r Landtag ging nicht davon aus, dass ein Zusammenha­ng zwischen dem Mord und den »KKK«-Aktivitäte­n besteht.

 ?? Foto: Staatsanwa­ltschaft Stuttgart/dpa ?? Waffenfund bei Razzien gegen mutmaßlich­e »KKK«-Mitglieder
Foto: Staatsanwa­ltschaft Stuttgart/dpa Waffenfund bei Razzien gegen mutmaßlich­e »KKK«-Mitglieder

Newspapers in German

Newspapers from Germany