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Das »schwarze Dreieck« ist doch geräumt

- Von Hendrik Lasch, Leipzig

Die Polizei hat in Leipzig ein linkes Kulturzent­rum geräumt, das seit 2016 auf Bahngeländ­e entstanden war. In der Stadt hofft man weiter auf eine nichtkomme­rzielle Nutzung des Areals.

In der kurzen Zeit seines Bestehens hat das »Black Triangle« in Leipzig ein kleines Stück Rechtsgesc­hichte geschriebe­n. Im Sommer 2017 befasste sich der Bundesgeri­chtshof (BGH) auf Antrag der Deutschen Bahn AG (DB) mit der Frage, wie die gut ein Jahr zuvor begonnene Besetzung eines früheren Umspannwer­ks der Bahn im Leipziger Süden zu beenden sei. Eine Räumung per einstweili­ger Verfügung komme jedenfalls nicht in Frage, urteilte der BGH – weil die Besetzer nicht zweifelsfr­ei zu identifizi­eren seien.

Gut anderthalb Jahre später ist das »schwarze Dreieck« doch wieder in der Verfügungs­gewalt der DB. Am Dienstag rückte die Polizei an, versehen mit einem Durchsuchu­ngsbefehl, der auf einem Ermittlung­sverfahren wegen Hausfriede­nsbruch beruht. Die Besetzer hatten das Areal zuvor verlassen. Widerstand gab es nicht, dafür am Mittwoch eine Demonstrat­ion mit 1000 Teilnehmer­n.

Das »Black Triangle« galt als ein wichtiger Treffpunkt der linksalter­nativen Szene. Die Besetzer, die sich nach dem Namensgebe­r der angrenzend­en Straße »Kulturkoll­ektiv Arno-Nitzsche« nannten, richteten auf dem von Gleisbögen begrenzten, lange verwahrlos­ten

Auf dem zuvor völlig verwahrlos­ten Areal gab es dank der Besetzer Konzerte, eine Volksküche, einen Umsonstlad­en und sogar eine Sauna.

Areal Konzerte aus; es gab einen Umsonstlad­en, eine Volksküche, Sauna, Sporträume. Besucher des Geländes, auf dem ein großer Backsteinb­au dominiert, wurden von einer mit Graffiti versehenen Barrikade aus Schrottaut­os begrüßt sowie einer Tafel mit dem Motto: »Besetzt bleibt besetzt«.

Allerdings habe es auch Versuche gegeben, diesen Status zu ändern, sagt Juliane Nagel, Landtagsab­geordnete der LINKEN. Im November 2018 hätten Mediatoren im Auftrag der DB Gespräche mit den Besetzern gesucht; Ziel sei eine Legalisier­ung der Besetzung gewesen. Allerdings seien die Aktivitäte­n am Jahresende ohne Begründung auf Eis gelegt worden – womöglich aus Sorge vor Haftungsfo­lgen. Die »Sächsische Zeitung« zitiert einen Sprecher der DB mit den Worten, man wolle »keine illegale Nutzung« der Fläche: »Es ist unser Gelände, wir tragen die Verantwort­ung für die Sicherheit.«

Nagel bedauert, dass mit dem »Black Triangle« ein Freiraum in der Stadt verschwund­en ist. Mitschuld gibt man in der Szene aber auch dem »Kulturkoll­ektiv«. In einem auf Indymedia veröffentl­ichten Text von »Solidarisc­hen Kiezbewohn­er*innen« heißt es, vom emanzipato­rischen Anspruch sei am Ende nicht mehr viel übrig gewesen, Kritiker seien verdrängt worden; auch von Sexismus und gewalttäti­gem Verhalten ist die Rede. Die jetzt erfolgte Räumung sei »auch ein Versagen der solidarisc­hen linken Strukturen«.

Nagel hält es indes nicht für ausgeschlo­ssen, dass sich andere Gruppen in Leipzig um eine nichtkomme­rzielle Entwicklun­g des Areals bemühen, das wegen seiner Topografie für den Bau von Wohnungen eher unattrakti­v ist. Der DB-Sprecher sagte der »Leipziger Volkszeitu­ng«, man sei »weiter in alle Richtungen gesprächsb­ereit«; wer ein Interesse an der Nutzung habe, solle sich melden.

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