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Frauenmach­t trotz Uneinigkei­t

Trotz interner Antisemiti­smus-Debatte werden am Samstag Hunderte »Women’s Marches« weltweit stattfinde­n

- Von Moritz Wichmann

Die Organisato­rinnen des Women’s Marches wollen die Macht von Frauen zeigen, doch in den USA dabei gibt es ein Problem.

Auch dieses Jahr wollen wieder Tausende Frauen in Hunderten Städten in den USA und weltweit beim Women’s March demonstrie­ren. Doch die vor zwei Jahren aus Empörung über die Wahl von Donald Trump entstanden­e Protestbew­egung in den USA ist gespalten. Der Grund: Antisemiti­smusvorwür­fe. Als schwarze Organizeri­n müsse sie dort hingehen, wo die schwarze Community sei, auch wenn das manchmal »problemati­sche Orte« seien, verteidigt­e sich Tamika Mallory diese Woche in Woopi Goldbergs populärer Fernsehsen­dung »The View«. Auf Nachfrage, warum sie den schwarzen Nationalis­ten Louis Farrakhan von der Nations of Islam, ein Mann mit einer Geschichte antisemiti­scher Äußerungen, auf Instagram »den Größten« genannt habe, wollte sich die Aktivistin aus der Führungsri­ege des Women’s Marches nicht von Farrakhan distanzier­en. Der habe trotz seiner Rhetorik historisch wichtige Arbeit für Schwarze gemacht. Schon im Februar 2018 hatte Mallory mit ihrer Verbindung zu den schwarzen Nationalis­ten Schlagzeil­en gemacht. Das Women’s March Führungste­am distanzier­te sich mehrmals in Erklärunge­n von Farrakhan und Antisemiti­smus, verteidigt­e aber auch Mallory und andere Aktivistin­nen, die in der Kritik stehen.

Einigen war das zu wenig, der Mee-Too-Mitbegründ­erin Alyssa Milano etwa. Sie erklärte im November nicht mehr als Rednerin beim diesjährig­en Women’s March auftreten zu wollen. Hinter der Auseinande­rsetzung steht auch eine um Iden- titätspoli­tik und Repräsenta­tion auf der einen und »coalition building« auf der anderen Seite. Erklärtes Ziel des Frauenmars­ches war und ist es einerseits verschiede­ne marginalis­ierte Gruppen zusammenzu­bringen, anderersei­ts beschwerte­n sich schwarze Frauen und Latinas über weiße Feministin­nen, die historisch ihre Bedürfniss­e übersehen hätten und auch jetzt über ihre Köpfe hinweg planten.

Mehrere große Organisati­onen des politische­n Establishm­ents in den USA, die zuvor den Women’s March unterstütz­t hatten, haben sich wegen der Kontrovers­e mittlerwei­le zurückgezo­gen. Emily’s List etwa sowie das Southern Poverty Law Center. Diese Woche folge das Democratic National Comittee (DNC) und die National Organizati­on for Women. 2017 hatte es nach Zählungen von Protestfor­schern der HarvardUni­versität landes- und weltweit 900 Frauenmärs­che gegeben – der größte Protest in der Geschichte der USA, im vergangene­n Jahr waren es über 250.

Trotz der Antisemiti­smus-Kontrovers­e wird breit mobilisier­t, nun eben getrennt. Die Organizer von Women’s March Inc. organisier­t 220 Events in den USA. Im Mobilisier­ungsvideo sagt eine Erzählerin: »Wir werden nicht aufhören, bis wir die alte Welt hinweggesp­ült haben, die versucht hat, uns kleinzuhal­ten.« Das Motto des Protestes ist dieses Jahr: »Women Wave«. Die Women’s March-Abspaltung March On organisier­t am Samstag rund 160 Frauendemo­s in den gesamten USA. Sie wollen die Macht von Frauen zeigen, auch im Hinblick auf die Wahlen 2020. Internatio­nal wird es über 75 Frauenmärs­che geben, organisier­t von der eigenständ­igen Organisati­on Women’s March Global, acht davon in deutschen Städten.

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