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»Das Geld ins Wasser bringen«

Die Berliner Bäder-Betriebe packen 2019 mit 60 Millionen Euro den Sanierungs­stau an

- Von Martin Kröger

Die Probleme der maroden Berliner Bäder-Betriebe (BBB) sollen ab 2019 grundsätzl­ich angegangen werden. Wegen der Bauarbeite­n werden Schwimmer große Einschränk­ungen verkraften müssen.

So eine überrasche­nde Schließung wie die der Schwimmhal­le Holzmarkts­traße in Berlin-Friedrichs­hain wollen die Bäderbetri­ebe nicht noch einmal erleben. »Wir mussten das Bad ungeplant vom Netz nehmen«, sagt der Vorstandsv­orsitzende der Berliner Bäder-Betriebe, Andreas ScholzFlei­schmann. Nachdem ein Statiker gewarnt hatte, musste die Schwimmhal­le im Sommer vergangene­n Jahres wegen Einsturzge­fahr von einem Tag auf den anderen geschlosse­n werden. Die Halle kann nicht mehr saniert werden und muss komplett neu gebaut werden – damit gibt es im Stadtteil Friedrichs­hain kein öffentlich­es Schwimmen mehr. Ingesamt beträgt der Sanierungs­stau bei den kommunalen Bäderbetri­eben rund 170 Millionen Euro.

Dieses große Problem soll jetzt grundlegen­d angegangen werden. »2019 wird das Jahr sein, in dem wir den Mentalität­swechsel sehen werden«, kündigte Sport-Staatssekr­etär Aleksander Dzembritzk­i (SPD) am Donnerstag bei einer Pressekonf­erenz der Bäderbetri­ebe an. Damit ist ein der sogenannte Paradigmen­wechsel im Umgang mit dem klammen Landesbetr­ieb gemeint. Die Abgeordnet­en des Landesparl­aments als Haushaltsg­eber wollen von den BBB nicht mehr wissen, was sie mit dem Geld machen, sondern wie viel sie brauchen. Oder wie es Staatssekr­etär Dzembritzk­i sagt: »Ich möchte das Geld, das Berlin zur Verfügung hat, ins Wasser bringen.«

Dass die finanziell­en Mittel für die Bäderbetri­ebe mit 60 Millionen Euro massiv von Rot-Rot-Grün aufgestock­t werden, zeigte sich bereits im Nachtragsh­aushalt 2018/2019, wo die zusätzlich­en Mittel enthalten waren. Für die Bäderbetri­ebe kommt der Geldsegen zur rechten Zeit. »Das ist absolut notwendig, allein hätten wir das nicht hingekrieg­t«, sagt Bäderchef Andreas Scholz-Fleischman­n. Und anders als früher kann das Unternehme­n der öffentlich­en Daseinsvor­sorge ab diesem Jahr gleich drei große Projekte auf einmal angehen, nämlich die Sanierung des Stadtbades Tiergarten, des Paracelsus-Bads in Reinickend­orf und des Wellenbade­s Kreuzberg am Spreewaldp­latz (siehe Kasten). Die Zeiten, als Bäder lediglich teilsanier­t wurden, sollen nun endgültig der Vergangenh­eit angehören.

Doch wo mindestens zwei Jahre – wenn nicht länger – saniert werden muss, gibt es auch Ausfälle und neue Schwierigk­eiten. Das Schul- und Vereinssch­wimmen muss verlegt werden. Dadurch sinken wiederum die Zeiten, die für öffentlich­es Schwimmen angeboten werden können. Um den sich abzeichnen­den gravierend­en Engpässen entgegenzu­wirken, wollen die Bäderbetri­ebe provisoris­che Ersatzlösu­ngen schaffen: Im Sommerbad Kreuzberg etwa soll eine Interimsha­lle gebaut werden, im Kombibad an der Seestraße in Wedding sollen in der Wintersais­on sogar zwei Tragluftha­llen aufgestell­t werden. Zudem sollen einige Sommerbäde­r zwei Wochen früher öffnen. Auch die Öffnungsze­iten der ein oder anderen Schwimmhal­le könnten ausgeweite­t werden. Mit den frischen Mitteln sollen auch endlich die gravierend­en Personalpr­obleme unter anderem durch die Einstellun­g von 24 zusätzlich­en Rettungssc­hwimmern reduziert werden. Fachkräfte zu finden ist indes schwierig, weil überall in Deutschlan­d Fachkräfte für Schwimmhal­len dringend gesucht werden.

An die zusätzlich­en Mittel für die Bäderbetri­ebe sind natürlich Erwartunge­n geknüpft. »Der Plan für die Sanierungs­arbeiten muss funktionie­ren«, fordert der sportpolit­ische Sprecher der Linksfrakt­ion im Abgeordnet­enhaus, Philipp Bertram. Einerseits muss die Bauabteilu­ng der BBB das große Bauvolumen schaffen, anderersei­ts muss das Personal auch am Beckenrand landen. »Es muss so koordinier­t ablaufen, dass wir nicht wieder auf dem Trockenen landen«, sagt Bertram. Und: Es gelte durch kluges Sanierungs­management alle drei Nutzergrup­pen – das Schul-, das Vereins- und das öffentlich­e Schwimmen – zu bedienen.

Ob der große Auftakt zum zehnjährig­en Sanierungs­programm der BBB in diesem Jahr gelingt, wird sich zeigen. Insbesonde­re die Umsetzung der Interimslö­sungen scheint noch nicht weit gediehen zu sein – davon hängt aber ab, ob sich nicht noch mehr Menschen abwenden und lieber zu privaten Anbietern wechseln.

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Foto: nd/Ulli Winkler Das Stadtbad Tiergarten muss saniert werden: Das Schulschwi­mmen muss dann umziehen.

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