Der einen Vergangenheit, der anderen Sehnsucht
Die Berliner Mauer ist weg, in Korea steht der Grenzwall noch. Eine Ausstellung zeigt Parallelen und Unterschiede
Erst in Berlin, dann in Seoul geht es auf digitale, spielerische Weise um die Mauer, die nicht mehr steht, und diejenige, die Korea noch teilt.
Ab diesem Freitag kann man im Besucherzentrum der Gedenkstätte Berliner Mauer etwas über die Teilung Koreas lernen und sein Wissen über die hiesige ehemalige Mauer erweitern. Das Goethe-Institut Korea hat mit der Stiftung Berliner Mauer eine interaktive Ausstellung auf die Beine gestellt. »Mauerspechte – Von der DMZ zur Berliner Mauer«, so deren Name, überlässt den Besucher*innen die Entscheidung, wie viel sie über die Geschichte der beiden Teilungen lernen wollen.
Mit einer Smartphone-App, die es in den gängigen App Stores kostenlos herunterzuladen gibt, kann man im ersten Stock des Besucherzentrums an der Berliner Mauer Journalist*in spielen und Artikel über Grenzen, Widerstände und Politik verfassen. Geordnet nach »was, wer, wie, warum, wo« – fünf der journalistischen W-Fragen – sind die Aufsteller angeordnet. Die »Wann-Frage« ist in die Tafeln mit eingebettet. Für den Artikel auf dem Tablet, das man vor Ort leihen kann, oder dem eigenen Smartphone, gilt es, fehlende Textteile mithilfe der Tafeln zu finden und die Informationen in den Artikel per Klick einzubinden. Kompliziert ist die Handhabung nicht, und beim Texte-Zusammenstellen lernt man automatisch viel über die beiden Grenzen. Denn die Informationstafeln schnell zu überfliegen, um den richtigen Teil in die App zu setzen, funktioniert nicht.
Das Goethe-Institut Korea hatte die Idee und trat für die nötige Expertise an die Stiftung Berliner Mauer heran. Auf Deutsch, Koreanisch und Englisch kann man das Spiel durchlaufen, 30 Minuten dauert eine Run- de. »Zu einem ernsten Thema in internationaler Dimension sollte ein spielerischer, digitaler Zugang gefunden werden«, sagt Manfred Wichmann, der Kurator der Stiftung Berliner Mauer.
Ab nächster Woche ist die Ausstellung auch in Südkorea zu sehen, am Rande der demilitarisierten Zone (DMZ), also des Grenzgebiets zwischen den beiden Ländern. Arndt Röskens, Leiter der Kulturabteilung im Goethe-Institut Korea, erzählt, dass Deutschland in Korea oft als Referenz für Teilung und Wiedervereinigung herangezogen werde. In dem ostasiatischen Land gebe es den Spruch »Deutschlands Vergangenheit ist Koreas Zukunft«. Auch an den Besucherzahlen der Berliner Mauergedenkstätten sehe man das, ergänzt Wichmann. Besonders viele Touristen aus Südkorea würden diese besichtigen.
Dass der Ausstellungstitel etwas schräg die Berliner Mauer, einen ehemaligen Grenzwall durch eine Stadt, neben eine Mauer stellt, die seit 65 Jahren ein ganzes Land teilt, ist den Organisatoren bewusst. »Man kann die Teilung nicht eins zu eins vergleichen. Deshalb ist es das Ziel des Spiels, Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede herauszustellen«, erklärt Röskens. »Die Berliner Mauer ist als Begriff ikonischer als die innerdeutsche Teilung«, ergänzt Wichmann. Deshalb sei dieser Titel gewählt worden. Läuft man durch die Ausstellung, geht es tatsächlich um die erste Montagsdemonstration in Leipzig oder den Koreakrieg Anfang der 1950er Jahre.
Um die Ausstellung mehr Interessierten zu zeigen, will die Stiftung Berliner Mauer sie zum 30. Jubiläum des Mauerfalls später in diesem Jahr noch einmal zeigen.
Die Ausstellung läuft bis 3. Februar, dienstags bis sonntags, 10 bis 18 Uhr. Ab 14 Jahren empfohlen.