Feuer in Atomfabrik geklärt
Verdampfer für radioaktive Flüssigkeit verursachte den Brand in Lingen – Demonstration am Samstag
Die Ursache des Brandes, der im Dezember in der Fabrik für atomare Brennelemente im niedersächsischen Lingen ausgebrochen war, ist geklärt. Ein defekter Verdampfer für uranhaltige Flüssigkeit war schuld.
Ach, das ist doch gar nicht so schlimm, dass es da mal gebrannt hat! Keine Angst vor Strahlen – da, wo etwas Radioaktives behandelt wird, da war das Feuer ja nicht. So lassen sich, kurz nach dem Feuer in der Lingener Atomfabrik »ANF« die allerersten Sätze jener zusammenfassen, die immer dann gern beschwichtigen, wenn im Bereich nuklearer Anlagen irgendetwas geschieht, was nicht in den Alles-ist-sicher-Singsang der Kernkraftmacher sowie ihrer Unterstützer in Politik und Wirtschaft passt.
Doch schon recht kurz nach dem Abrücken der immerhin 150 an jenem 6. Dezember 2018 zum Brand geeilten Einsatzkräfte gab es die Korrekturmeldung: Sehr wohl war das Feuer in einem Bereich ausgebrochen, wo mit radioaktiver Substanz hantiert wird. Durch ein Missverständnis aufgrund der vom Unternehmen verwendeten Fachsprache sei die anfängliche Fehlinformation zustande gekommen, sagte eine Unternehmenssprecherin seinerzeit dem NDR.
Dass es im Nuklearbereich der Fabrik gebrannt hatte, bestätigt auch das Ergebnis der Ermittlungen, mit denen Niedersachsens Umweltministerium die Ursache des Geschehens aufspürte. In der Heizung eines Gerätes, das zum Untersuchen radioaktiver Flüssigkeiten genutzt wird, war ein Defekt aufgetreten; der wiederum hatte einen Kunststofftisch in Brand gesetzt. Dabei seien auch Gase verpufft, heißt es. Vermutet hatte das Ministerium diesen Ablauf bereits Ende Dezember und in einer Mitteilung dazu auch über Prüfungen der Umgegend auf eventuelle Umweltbelastungen informiert. Fazit: »Keine Auffälligkeiten«. Es lägen keine Hinweise auf eine Freisetzung radioaktiver Stoffe vor, wird aus Hannover vermeldet.
Beruhigen kann das die Kritiker der vom französischen Konzern Framatome betriebenen Atomfabrik keineswegs. Sie wollen die Stilllegung der Anlage und werden diese Forderung auf der Demonstration kundtun, die am 19. Januar um 13 Uhr am Bahnhof in Lingen/Emsland beginnt. Anlass des Protests ist aber nicht das Feuer, zu dessen Umstände nach wie vor die Staatsanwaltschaft ermittelt, sondern vor allem ein Jahrestag der Fabrik. Als bundesweit einzige Anlage zur Herstellung von Brennelementen für Atomkraftwerke war sie am 19. Januar 1979 in Betrieb genommen worden. Und so lautet das Motto der Demo, zu der regionale und überregionale Umweltorganisationen aufgerufen haben: »40 Jahre sind genug.«
Zu den Abnehmern der Brennelemente aus Lingen zählen laut dem Bundesverband der Umweltschutzinitiativen »die Riss-Reaktoren Doel und Tihange in Belgien oder Uralt-Meiler wie Fessenheim an der deutsch-französische Grenze«. Mit dem Betrieb der Fabrik verbunden seien »zahllose gefährliche Atomtransporte« von und nach Lingen, quer durch das Emsland, durch Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, durch die Niederlande und weitere Regionen, warnen die Atomkraftgegner.
Sie erinnern, dass es in der Lingener Produktionsstätte in der Vergangenheit wiederholt Störfälle gegeben habe, bisher etwa 150. Der schwerste sei wohl der Brand im Dezember vergangenen Jahres gewesen. Es sei zu befürchten, dass der Betrieb mit zunehmendem Alter der Anlage noch unsicherer wird, meinen die Unterstützer der bevorstehenden Demo und fordern von der Landesregierung in Hannover »die sofortige und dauerhafte Aufhebung der Betriebsgenehmigung« für ANF.