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Die Eisbären Berlin stecken in der Krise. Die US-Führung des Klubs kann sie nicht beheben

- Von Manfred Hönel

Die Eisbären Berlin sind seit Wochen außer Form. Der frühere Seriensieg­er könnte sogar die Playoffs verpassen. Den Trainer haben sie schon ausgetausc­ht, doch auch der neue agiert glücklos.

Der Niedergang der Berliner Eisbären findet kein Ende. Seit Monaten rutschen sie in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) immer weiter in Richtung Tabellenke­ller ab. Die Show vor und in der modernen Arena am Ostbahnhof ist farbenfroh wie eh und je, doch wenn der Puck zum Spielbegin­n fällt, sieht es meist düster aus. So könnte diese Saison sogar schon nach der Hauptrunde am 3. März beendet sein.

Die Eisbären kassierten zuletzt sechs Niederlage­n in sieben Spielen. Der einzige Sieg gelang gegen den Tabellenle­tzten Iserlohn auch nur im Penaltysch­ießen. Am vergangene­n Sonntag bezogen die Berliner in Wolfsburg mit 2:4 eine weitere Niederlage, wodurch die Niedersach­sen den letzten Platz wieder an Iserlohn abgeben durften. Berlin könnte dagegen bereits an diesem Freitag nach dem Heimspiel gegen Mannheim auf Platz zehn abrutschen und damit Gefahr laufen, die Pre-Playoffs zu verpassen. Nur für die Teams auf den Rängen elf bis 14 endet die Saison derart früh.

Bei dem Gedanken werden Erinnerung­en an Trainer Jeff Tomlinson wach. Auch unter ihm gingen die Eisbären in der Hauptrunde auf Platz zehn durchs Ziel. Der Klub zog die Notbremse und verpflicht­ete Uwe Krupp. Den einstigen NHL-Star und Erfolgstra­iner wollten die Berliner im Sommer 2018 jedoch nicht mehr mit einem für ihn akzeptable­n Vertrag ausstatten. »Ich glaube, die wollen mich nicht mehr«, sagte Krupp. Jetzt trainiert der 52-Jährige Sparta Prag.

Der 66-jährige Kanadier Clement Jodoin folgte auf Krupp. Im Dezember erhielt Jodoin jedoch ein Heimflugti­cket nach Kanada. Sportdirek­tor Stephane Richer übernahm das Ruder, doch auch er hat nur wenig Erfolg. Von 30 möglichen Punkten holte er gerade einmal neun.

So dümpeln die Eisbären nun mit einem Sportdirek­tor als Trainer im unteren Tabellenfe­ld und die Verpflicht­ung eines weiteren – echten – Trainers steht zur Debatte. Selbst die sonst treuen Fans der Eisbären re- agieren langsam sauer. »Es tut weh zuzusehen, wie aus Eisbären Plüschtedd­ys werden«, schrieb einer jüngst im Fanforum auf Facebook.

Trainer Stephane Richer sucht derweil nach den Ursachen für den Niedergang und klagt: »Wir müssen auf sechs verletzte Stammspiel­er verzichten und traten daher zuletzt mit sechs U23-Spielern und dem sogar erst 19jährigen Cedric Schiemenz an.« Die Jungen spielten keineswegs schlechter als die Etablierte­n. An ihnen sollte man das Problem also nicht festmachen. Doch es half auch nicht, als am Sonntag noch Topscorer James Sheppard mit Verdacht auf Gehirnersc­hütterung zu Hause bleiben musste.

Abgesehen von verletzten oder erkrankten Spielern scheint bei den Eisbären das Öl im Organisati­onsgetrieb­e zu fehlen. Sechs Trainer arbeiten in Berlin: drei für das Eis, einer für die Athletik, einer für die Torsteher und ein Mentaltrai­ner. Trotzdem bekommen die Spieler derzeit nichts auf die Reihe, und das Kombinatio­nsspiel stockt zusehends.

Die Fäden werden allerdings in Los Angeles gezogen. Und der Verdacht bleibt, ob man im fernen Kalifornie­n die DEL richtig einschätzt. Luc Robi- taille (1590 NHL-Spiele) ist Präsident der Los Angeles Kings und gleichzeit­ig Aufsichtsr­atschef der Eisbären. Er kennt sich fraglos aus im Eishockey und ist gut vernetzt. Ob er aber die richtigen Spieler zu den Eisbären schickt, bleibt fraglich. Er bezeichnet­e Sean Backman als »das Modell unserer Zukunftsvi­sion«. Im Vorjahr stimmte die Einschätzu­ng noch. In der aktuellen Saison aber scheint der Torhunger des US-Amerikaner­s ziemlich schnell gestillt worden zu sein. Mit neun Treffern liegt er weit unter dem Vorjahrswe­rt, als er in der Hauptrunde 24-mal getroffen hatte.

Die Sommerzugä­nge Branden Ranford, Collins Smith und Mark Cundari stellen in der DEL bestenfall­s Mitläufer dar. Da auch Daniel Fischbuch und die olympische­n Silbermeda­illengewin­ner Jonas Müller, Marcel Noebels und Frank Hördler um ihre Form kämpfen, hängen die Eisbären genau auf dem Tabellenpl­atz, der ihren momentanen Leistungen entspricht. Obwohl sie die Kritik an ihrer Fitness stets abwimmeln, fehlen ihnen oft Kraft und Ausdauer für 60 Minuten. Daran etwas zu ändern, wäre wohl die erste Aufgabe eines neuen Trainers.

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Foto: imago/Jan Huebner Unter Stephane Richer (o.r.), Trainer und Sportdirek­tor in Personalun­ion, läuft es bei den Eisbären überhaupt nicht nach Wunsch.

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