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Bronzen, Masken, Politik

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Hermann Parzinger über das Humboldt Forum. Zum Umgang mit dem kolonialen Erbe und was die Kritiker sagen.

Der Kampf um die Tilgung des Kolonialis­mus aus dem Berliner Straßenbil­d ist zäh, aber richtig.

Berlin hat ein latentes Straßennam­enproblem – mit Männern, die für den deutschen Kolonialis­mus stehen. 2016 beschloss das zuständige Stadtteilp­arlament, dass im »Afrikanisc­hen Viertel« des Wedding drei Namen ersetzt werden: Petersalle­e, Nachtigalp­latz und Lüderitzst­raße.

Im April 2018 empfahl der Kulturauss­chuss des Bezirks die neuen Namen: Die Petersalle­e soll teils Maji-Maji-Allee und teils Anna-Mungunda-Allee heißen, der Nachtigalp­latz zum Bell-Platz werden und die Lüderitzst­raße eine Cornelius-Frederiks-Straße – statt der Kolonialis­ten sollen also Opfer des Kolonialis­mus und Personen geehrt werden, die Widerstand leisteten. Ein bemerkensw­erter Beschluss. Europaweit erstmals verschwänd­en gleich mehrere lokal zusammenhä­ngende koloniale Straßennam­en.

Umgesetzt ist das noch nicht – und es gibt Widerstand. Gewerbetre­ibende kritisiere­n den Aufwand einer Umbenennun­g. Christian Kopp von »Decolonize Berlin« hält dagegen, dass dieser Protest ja auch Umstände mache. Ressentime­nts gegen afrikanisc­he Namen kann man nur vermuten.

Es gibt gute Gründe, die Namen zu ändern. Adolf Lüderitz, mit dessen betrügeris­chem Landkauf der deutsche Kolonialis­mus in Namibia begann, und Gustav Nachtigal, an seinem Lebensende kurzzeitig »Reichskomm­issar« im heutigen Kamerun und Togo, stehen zwar nicht so direkt für grausame Verbrechen wie Carl Peters, der für sein Regime im damaligen »Deutsch-Ostafrika« schon seinerzeit als »Hänge-Peters« galt – aber doch für denselben Zusammenha­ng. Gerade bei Peters schlägt der Widerstand Haken: Die Straße wurde 1986 umgewidmet und soll nun an einen Berliner CDU-Politiker erinnern – für Kopp ein »Etikettens­chwindel«, eine »Irreführun­g«. Der Bezirk sieht’s ähnlich.

Einschlägi­ge Namen gibt es in Berlin noch einige. Zwei Straßen in Neukölln und Wilmersdor­f heißen nach Hermann von Wiss- mann, dessen Truppen Aufständis­che brutal bekämpften. In Neukölln wird Adolph Woermann gehuldigt, einem Hauptlobby­isten des Kolonialis­mus. In Steglitz-Zehlendorf ehren der Maerckerwe­g und die Lans- wie die Iltisstraß­e deutsche Kolonialkr­ieger. In Kreuzberg hingegen hat die schwarze deutsche Aktivistin May Ayim längst den frühen preußische­n Kolonialis­ten Otto Friedrich von der Groeben verdrängt.

Diese Umbenennun­gen sind keine Rechthaber­ei, sondern bewusster Umgang mit Geschichte. Bei der Stalinalle­e ist das ja auch selbstvers­tändlich. Nicht vergleichb­ar? Das können so nur Weiße sagen.

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Foto: wikimedia (CC 0.0)

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