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Bundestag ruft im Maghreb sichere Herkunftss­taaten aus

- Von Sebastian Bähr Mit Agenturen

Jetzt hängt alles am Bundesrat.

Der Bundestag hat der Einstufung der Maghreb-Länder Algerien, Marokko und Tunesien sowie Georgiens als sichere Herkunftss­taaten mit deutlicher Mehrheit zugestimmt. Für den Gesetzentw­urf der Bundesregi­erung votierten am Freitag in namentlich­er Abstimmung 509 Abgeordnet­e, dagegen waren 138, bei vier Enthaltung­en. Zuvor hatte Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) für die Regelung geworben. Damit würden die Asylverfah­ren für Menschen aus jenen Ländern beschleuni­gt, zudem könnten sie im Falle einer Ablehnung schneller abgeschobe­n werden.

Die Zustimmung des Bundestags galt bereits im Vorfeld als sicher. Allerdings kann die Regelung nur in Kraft treten, wenn auch der Bundesrat zustimmt. Dies scheiterte schon einmal am Widerstand der Grünen in der Länderkamm­er, der sich auch jetzt wieder abzeichnet. Seehofer argumentie­rte zur Begründung seines Gesetzentw­urfes mit den ohnehin sehr niedrigen Erfolgsaus­sichten für Asylbewerb­er aus den vier betroffene­n Ländern. So habe die Anerkennun­gsquote 2018 für Menschen aus Algerien 1,2 Prozent betragen, für Menschen aus Marokko 2,3 Prozent. Aus Tunesien seien 1,9 Prozent der Asylanträg­e positiv beschieden worden, aus Georgien nur 0,3 Prozent.

Für die Grünen bekräftigt­e die Abgeordnet­e Luise Amtsberg das Nein ihrer Fraktion zu dem Gesetzentw­urf. Die »GroKo« wolle den Menschen »vorgaukeln«, dass mit der Einstufung zu sicheren Herkunftss­taaten tatsächlic­he Probleme in der Asylpoliti­k gelöst werden könnten. Tatsächlic­h müssten aber andere Dinge dringend angegangen werden, etwa eine Verbesseru­ng der Strukturen des Bundesamts für Migration und Flüchtling­e (Bamf) oder Maßnahmen für Integratio­n.

Im Bundestag lehnte die Linksparte­i-Abgeordnet­e Ulla Jelpke die Einstufung als sichere Herkunftsl­änder ebenfalls ab. Diese mache eine unvoreinge­nommene Prüfung der Asylanträg­e unmöglich. Der SPD-Abgeordnet­e Helge Lindh verteidigt­e den Gesetzentw­urf gegen Kritik. Geplant sei eine »Vermutungs­regelung«, wonach Asylanträg­e aus den vier Staaten unbegründe­t seien. Jeder Einzelne habe aber weiterhin mit einer regulären Anhörung die Möglichkei­t, diese Vermutung zu widerlegen, betonte Lindh. Die Neueinstuf­ung hat jedoch das Ziel, die Asylverfah­ren zu beschleuni­gen. Anwälte und auch Pro Asyl kritisiere­n seit langem, dass die Einstufung zu sicheren Herkunftss­taaten folgericht­ig dazu führt, dass nicht nur die Dauer, sondern auch die Qualität der Asylverfah­ren sinkt.

Die Flüchtling­shilfeorga­nisation kritisiert­e gleichzeit­ig Pläne von Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) zur Festsetzun­g von Abschiebek­andidaten in Haftanstal­ten. Pro Asyl sieht darin eine »strukturel­le Entrechtun­g« der Flüchtling­e. Seehofer wolle ein »rechtsstaa­tliches Schutzsyst­em aus den Angeln heben«, so Geschäftsf­ührer Günter Burkhardt. Die Abschiebun­gen scheiterte­n oft an den Zuständen in Afghanista­n und anderen Krisenregi­onen oder an den menschenun­würdigen Zuständen in EUErsteinr­eisestaate­n, aber nicht an fehlenden Instrument­arien. Seehofer will Berichten zufolge ausreisepf­lichtige Ausländer und Strafgefan­gene in denselben Haftanstal­ten einsperren. Dem »Mangel an Abschiebun­gshaftplät­zen« solle »durch Aussetzen des Trennungsg­ebots von Abschiebun­gs- und Strafgefan­genen« begegnet werden, heißt es in einem Eckpunktep­apier des Innenminis­teriums. Vertreter der Koalition hatten am Donnerstag darüber beraten. Kolumne Seite 8

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