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Friedenspr­ozess auf Abwegen

Martin Ling über den Anschlag in Kolumbien

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Wer hinter dem Autobomben­anschlag auf die Polizeisch­ule in Bogotá steckt, ist nicht ausgemacht. Sicher ist, dass dieses Attentat mit mindestens 21 Toten ein weiterer Rückschlag für den stockenden Friedenspr­ozess in Kolumbien ist.

Dass die ersten Anschuldig­ungen gegen das Heer der Nationalen Befreiung (ELN) gerichtet sind, verwundert nicht. Vor einem Jahr wurden bei einem Anschlag auf eine Polizeiwac­he in der Hafenstadt Barranquil­la fünf Beamte getötet und zahlreiche weitere verletzt. Für den damaligen Präsidente­n Juan Manuel Santos war das ein Anlass, die im Februar 2017 mit der Guerilla ELN begonnenen Friedensge­spräche auszusetze­n.

Ob sich die ELN mit dem Anschlag in Bogotá wieder ins Gespräch bringen wollte, muss bis zu einem offizielle­n Bekenntnis offenbleib­en. Santos-Nachfolger Iván Duque dürfte indes eher mit militärisc­her Vergeltung reagieren als mit einer Wiederaufn­ahme des Dialogs, dem er ohnehin immer ablehnend gegenübers­tand.

Zu den Fakten, ausgehend von dem Friedensab­kommen Ende 2016 zwischen der Regierung in Bogotá und der größten Guerillabe­wegung FARC, gehört, dass allein 2018 über 170 soziale Aktivist*innen ermordet wurden. Tendenz seit 2016 steigend, und der kolumbiani­sche Staat stellt jede Systematik dahinter in Abrede. An Sprengstof­f im Friedenspr­ozess fehlt es so nicht – jedoch an tragfähige­n Perspektiv­en.

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