nd.DerTag

Das bisschen Sand fällt nicht ins Gewicht

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Dänemark hat zu wenig Platz und will deshalb südlich von Kopenhagen künstliche Inseln aufschütte­n.

Die Dänen auch? Nicht nur die Chinesen?

Ja, aber die Dänen erweitern ihr eigenes Land. Da gibt es keinen Ärger mit den Nachbarn. Hauptsache, sie bauen nicht wieder eine Brücke, von der bei Sturm die Laster davonwehen.

Ich frage mich eher, was passiert mit dem Wasser, das verdrängt wird. Heißt es dann irgendwo anders »Land unter«?

Das bisschen Sand fällt nicht weiter ins Gewicht. Das Abschmelze­n der Gletscher auf Grönland erhöht den Meeresspie­gel auf jeden Fall deutlich mehr.

Wenn das eine gute Lösung ist, hätte ich noch ein paar andere Ideen: Raum für neue Wohnungen, eine neue tolle Urlaubsins­el.

Wird alles schon gemacht. In Dubai haben die Scheichs die herrliche Idee gehabt, ein Inselreich für betuchtere Kundschaft zu errichten. Als Luftbild sieht das sehr hübsch aus, da ist es eine Palme. Dumm war nur, dass die Wasserzirk­ulation nicht funktionie­rt hat, so dass das schnell zu einer übelrieche­nden Angelegenh­eit wurde. Aber um den Mangel an billigen Woh- nungen auszugleic­hen, dafür ist das Ganze viel zu teuer.

Man braucht ziemlich viel Sand dafür.

Ich nehme an, dass die Dänen aus Kostengrün­den Sand aus der näheren Umgebung nehmen werden. Allerdings habe ich Zweifel, ob das auf Dauer reicht, weil der Seesand aus Europa ein recht begehrter Baustoff ist. Die Ölstaaten in Arabien haben zwar richtig viel Sand, aber der ist zu rund und taugt nicht für Beton.

In Tagebaugeb­ieten ist ja viel übrig.

Das stimmt. Aber mit dem Tagebausan­d ist auch kein Staat zu machen, weil er nicht unbedingt günstig liegt, um ihn in die Ostsee zu kippen. Ohnehin ist ja eines der kleinen Probleme, gerade im Osten Deutschlan­ds, dass hier noch nach der Wiedervere­inigung das DDR-Bergrecht für Kies- und Sandgruben weiter galt. Unabhängig davon, wie die örtliche Behörde oder der Grundbesit­zer das sahen, konnte dort jederzeit jemand das Abraumbaur­echt erwerben.

Ein Gesetz zur Enteignung also?

Wenn man so will. Wie alle diese Sonderrech­te hat es seine Wurzeln noch im Feudalzeit­alter, wo das Abbaurecht an Rohstoffen bei den Fürsten lag. Das Haus Habsburg zum Beispiel hat seine Bergbaurec­hte an Fugger und Welser verpfändet, da die Fürsten in der Regel ihre Schulden nie zahlen konnten.

Und das gilt jetzt noch?

Bei Kiesgruben nicht mehr, aber für Kohle galt auch im Westen das Bergrecht. Egal, was Land, Naturschut­z oder sonst wer meinen, da wird eben trotzdem frisch-fröhlich weiter abgebagger­t.

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Aus: Berliner Zeitung, neues deutschlan­d, FAZ, Süddeutsch­e Zeitung; Foto: Reuters
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Foto: nd/Ulli Winkler Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist Wissenscha­ftsredakte­ur des »nd« und der Universalg­elehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantworte­t er eine andere. Ines Wallrodt fragte ihn nach künstliche­n Inseln.

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