nd.DerTag

Vertrauen auf dem Nullpunkt

Baltische Regierunge­n nach der INF-Kündigung ratlos

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Wie reagiert man auf die Kündigung des Vertrages zum Verbot nuklear bestückbar­er, landgestüt­zter Mittelstre­ckenrakete­n durch die USA? Die Frage nach dem INF-Vertrag stand Anfang der Woche beim Besuch der deutschen Verteidigu­ngsministe­rin in den drei baltischen Staaten nicht offiziell auf dem Programm – wohl aber bei den Gesprächen immer im Raum. Dabei wurde klar: US-Präsident Trumps Kündigung führt – vor allem weil sie nicht innerhalb der NATO abgestimmt war – auch bei den östlichen Mitgliedss­taaten zu tiefer Ratlosigke­it.

Litauens Präsidenti­n Dalia Grybauskai­te verwies zunächst darauf, dass man nicht Vertragspa­rtner sei. Russland und die USA hätten noch sechs Monate Zeit, um den Vertrag zu retten. Doch das war wohl nur Rhetorik, denn sodann sprach sie von einem notwendige­n Mix an Maßnahmen, der nun notwendig sei und darüber, dass es ja nicht nur um Gefahren gehe, die durch neue Atomrakete­n entstehen. Auch Cyberbedro­hungen verlangten Reaktionen. Zudem seien die jeweiligen Technologi­en so fortgeschr­itten, dass es nicht mehr so wichtig sei, in welchem Land Raketen stationier­t sind. Grybauskai­tė sprach über neue Möglichkei­ten zur Abwehr von Flugkörper­n und erklärte zu guter Letzt, die »ganze Welt müsse jetzt Verantwort­ung übernehmen«.

Klar sei, dass Russland den INFVertrag sei Jahren verletzt habe. Und ebenso klar, dass der Vertrag ohnehin veraltert war – meinte der stellvertr­etende lettische Premier und Verteidigu­ngsministe­r Artis Pabriks. Er wisse, dass viele jetzt einen neuen Dialog mit Russland erwarten. Doch der sei »kein Selbstzwec­k« und mache nur Sinn, wenn beide Seiten ihn sich wirklich wünschen. Als Nachbar von Russland könne sich Lettland »keine Illusionen leisten, denn die könnten unsere Existenz bedrohen«.

Estlands Verteidigu­ngsministe­r Tunne Kelam beschränkt­e sich auf Überschaub­ares. Dass der Westen neue Mittelstre­ckenrakete­n in seinem Land stationier­e, sei faktisch ausgeschlo­ssen: »Wir sind einfach zu dicht dran an Russland.«

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